„In einem Rechtsstaat beugt sich der Staat nicht einer Mehrheit, sondern verteidigt das Recht des Einzelnen. Nur dafür ist er da und hat die Macht dazu von allen übertragen bekommen.“ - Sokrates
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Text - Jerimiah (BL-Roman LeRoy)

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Leseprobe von K13Online
am 23.08.2003

Lächelnd entblößt er, wie ein Wolfshund, seine langen, weißen Raffzähne. Sein Blick ist abwesend, erregt, wahnwitzig. Die Frau, die sich zu mir herunter in die Hocke gesetzt hat und ihn hält, grinst zu breit. Sie sieht wie meine Babysitterin ohne Zahnspange aus, mit der gleichen langen blonden Haarsträhne, die irgendwo ganz oben aus ihrem Kopf zu kommen scheint. Sie wedelt mir mit Bugs Bunny vor dem Gesicht herum, so dass die Möhre, die er umklammert, wie ein Messer auf und ab fährt. Ich warte darauf, dass eine der drei Sozialarbeiterinnen ihr erklärt, dass ich keine Bugs-Bunny-Filme anschauen darf.
"Schau mal, was deine Mama dir mitgebracht hat", höre ich.
Mama.
Ich spreche es so sanft wie ein Zauberwort aus, das man nur benutzt, wenn man zahlenmäßig schwer unterlegen ist.
"Hier bin ich, Schätzchen", sagt die Frau mit dem Kaninchen. Sie lächelt noch breiter, blickt zu den drei um sie herumstehenden Sozialarbeiterinnen hoch, nickt ihnen zu. Ihre schief gelegten Köpfe grinsen zurück. Sie wedelt wieder mit dem Karnickel herum.
"Ich bin deine Mama."
Ich beobachte ihre roten, glänzenden Lippen und kann das Wort metallisch und sauer in meinem Mund schmecken. Und dabei sehne ich mich so sehr nach Ihr, der echten Mama, die mich rettet.
Ich starre in die leeren Gesichter, und tief aus meinem Inneren schreie und schreie ich nach Ihr, damit sie kommt und mich errettet.Als wir wieder in dem kleinen Zweizimmerbungalow sind, werfe ich mich auf den Boden und trete um mich und schreie nach meiner echten Mama.
Sie ignoriert mich und kocht das Abendessen.
"Schau mal, Spagetti", sagt sie.
Ich rühre mich nicht. Ich schlafe auf dem Fußboden ein. Ich erwache auf einem schmalen Kinderbett, Bugs Bunny neben mir, und ich schreie.
Sie zeigt mir die paar Spielsachen, die sie mir mitgebracht hat. Ich habe in meinem echten Zuhause mehr und bessere Sachen. Ich werfe die ihren aus dem Fenster.
Eine der Sozialarbeiterinnen schaut vorbei, und ich weine so heftig, dass ich mich auf ihre marineblauen Mokassins übergebe.
"Er wird sich schon einleben, Sarah", höre ich sie zu meiner neuen Mom sagen. "Du schaffst das schon, Schätzchen", sagt sie zu ihr und tätschelt ihr die Schulter.
Mittags gibt sie mir Erdnussbutter- und Marmeladebrote, an denen die Rinde noch dran ist. Meine echte Mama schneidet die Rinde ab. Ich fege den Mickymausteller aus Plastik vom Tisch.
Sie fährt, die Hand zur Faust geballt, herum. Ich schreie los, sie erstarrt, die Faust zittert, keinen halben Meter von meiner Brust entfernt.
Wir starren einander an, atmen schwer. Und irgendetwas geht zwischen uns vor. Ihr Gesicht versteinert. Ich weiß nicht, was es eigentlich ist.
Als ich zu schluchzen anfange, schnappt sie sich ihre Jeansjacke und geht hinaus. Ich bin noch nie allein gewesen, nicht mal für fünf Minuten, aber ich weiß, dass sich etwas verändert hat. Etwas ist anders, und ich schreie nicht.
Ich laufe zu meinem Bett, rolle mich fest zusammen und warte darauf, dass alles anders wird.


Leseprobe von K13Online
am 23.08.2003

Lächelnd entblößt er, wie ein Wolfshund, seine langen, weißen Raffzähne. Sein Blick ist abwesend, erregt, wahnwitzig. Die Frau, die sich zu mir herunter in die Hocke gesetzt hat und ihn hält, grinst zu breit. Sie sieht wie meine Babysitterin ohne Zahnspange aus, mit der gleichen langen blonden Haarsträhne, die irgendwo ganz oben aus ihrem Kopf zu kommen scheint. Sie wedelt mir mit Bugs Bunny vor dem Gesicht herum, so dass die Möhre, die er umklammert, wie ein Messer auf und ab fährt. Ich warte darauf, dass eine der drei Sozialarbeiterinnen ihr erklärt, dass ich keine Bugs-Bunny-Filme anschauen darf.
"Schau mal, was deine Mama dir mitgebracht hat", höre ich.
Mama.
Ich spreche es so sanft wie ein Zauberwort aus, das man nur benutzt, wenn man zahlenmäßig schwer unterlegen ist.
"Hier bin ich, Schätzchen", sagt die Frau mit dem Kaninchen. Sie lächelt noch breiter, blickt zu den drei um sie herumstehenden Sozialarbeiterinnen hoch, nickt ihnen zu. Ihre schief gelegten Köpfe grinsen zurück. Sie wedelt wieder mit dem Karnickel herum.
"Ich bin deine Mama."
Ich beobachte ihre roten, glänzenden Lippen und kann das Wort metallisch und sauer in meinem Mund schmecken. Und dabei sehne ich mich so sehr nach Ihr, der echten Mama, die mich rettet.
Ich starre in die leeren Gesichter, und tief aus meinem Inneren schreie und schreie ich nach Ihr, damit sie kommt und mich errettet.Als wir wieder in dem kleinen Zweizimmerbungalow sind, werfe ich mich auf den Boden und trete um mich und schreie nach meiner echten Mama.
Sie ignoriert mich und kocht das Abendessen.
"Schau mal, Spagetti", sagt sie.
Ich rühre mich nicht. Ich schlafe auf dem Fußboden ein. Ich erwache auf einem schmalen Kinderbett, Bugs Bunny neben mir, und ich schreie.
Sie zeigt mir die paar Spielsachen, die sie mir mitgebracht hat. Ich habe in meinem echten Zuhause mehr und bessere Sachen. Ich werfe die ihren aus dem Fenster.
Eine der Sozialarbeiterinnen schaut vorbei, und ich weine so heftig, dass ich mich auf ihre marineblauen Mokassins übergebe.
"Er wird sich schon einleben, Sarah", höre ich sie zu meiner neuen Mom sagen. "Du schaffst das schon, Schätzchen", sagt sie zu ihr und tätschelt ihr die Schulter.
Mittags gibt sie mir Erdnussbutter- und Marmeladebrote, an denen die Rinde noch dran ist. Meine echte Mama schneidet die Rinde ab. Ich fege den Mickymausteller aus Plastik vom Tisch.
Sie fährt, die Hand zur Faust geballt, herum. Ich schreie los, sie erstarrt, die Faust zittert, keinen halben Meter von meiner Brust entfernt.
Wir starren einander an, atmen schwer. Und irgendetwas geht zwischen uns vor. Ihr Gesicht versteinert. Ich weiß nicht, was es eigentlich ist.
Als ich zu schluchzen anfange, schnappt sie sich ihre Jeansjacke und geht hinaus. Ich bin noch nie allein gewesen, nicht mal für fünf Minuten, aber ich weiß, dass sich etwas verändert hat. Etwas ist anders, und ich schreie nicht.
Ich laufe zu meinem Bett, rolle mich fest zusammen und warte darauf, dass alles anders wird.


Der Autor von K13Online
am 23.08.2003

J.T. LeRoy ist Anfang Zwanzig und lebt als Autor und Journalist in Kalifornien. Er schreibt u. a. für die NY Press und hat 2001 seinen ersten Roman, Sarah, veröffentlicht, der von der internationalen Kritik hoch gepriesen wurde.


Der Autor von K13Online
am 23.08.2003

J.T. LeRoy ist Anfang Zwanzig und lebt als Autor und Journalist in Kalifornien. Er schreibt u. a. für die NY Press und hat 2001 seinen ersten Roman, Sarah, veröffentlicht, der von der internationalen Kritik hoch gepriesen wurde.

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