"...die Geschichte lehrt, aber sie hat keine Schüler." - INGEBORG BACHMANN
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Text - Tagebuch einer Gefangenschaft: 11.- 13. Tag

Tagebuch einer Gefangenschaft: 11 Tag, Samstag, den 28. Mai, 12. Tag, Sonntag, den 29. Mai und 13. Tag, Montag, den 30. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug"

11. Tag, Samstag, den 28. Mai 2016

Am heutigen Samstag wird es bis zu 28 Grad warm werden. Roland und ich  können die Zelle 301 in der Nacht gut durchlüften, so dass es nicht zu heiß auf der Zelle wird. Roland dreht fleißig vom letzten Tabak ganz dünne Zigaretten. Man lernt das Sparen. Am Wochenende sind die Ärzte & Sanitäter im Revier alle nicht da. Im ganzen Revierbau sind also nur Manu, Messel, Roland und ich. Die zwei Zellen in der 1. Etage sind den ganzen Tag geöffnet. Über den Flur in die kleine Küche und ins Bad/Dusche können wir vier uns frei bewegen. Uns geht es besser wie alle anderen Gefangenen in der JVA Kislau.

Heute bekomme ich keine Post von "Draußen". Aber ich schreibe wieder Briefe nach "Draußen". Insbesondere an meinen Koordinator. Mit Messel tausche ich 5 Briefmarken für Kaffee & Milch ein. Am kommenden Dienstag findet der 1. Einkauf(Zugangseinkauf) statt. Dann werde wir alle wieder genug auf der Zelle haben. Samstags wird auch die Zelle gereinigt. Der Revier-Schänzer Manu gibt uns das Reinungsmittel dafür. Unser Zelle 301 wird immer sauber und ordentlich sein. Es gibt keine Probleme bei den wöchentlichen Zellenkontrollen der Beamten.  

Samstags erhält der Revierbau die Süddeutsche Zeitung im ABO. Wir schauen im TV Fußball. Ansonsten hören wir SWR4-Radio. Gesprächsstoff gibt es immer genug. Die Nächte sind ruhig und friedlich....


 

12. Tag, Sonntag, den 29. Mai 2016

Um 7 Uhr ist wieder Aufschluss der Tür im Flur zum Treppenhaus. Unsere Zellentür zum Flur ist bekanntlich durchgehend geöffnet, aber wir können diese Tür natürlich nicht selbst zu machen. Und deshalb haben wir ein Handtuch an die Türklinke gehängt. Bei der Hofgangzeit des Zugangs sehe ich wieder den Redelsführer "Andi" aus der Zugangszelle 118. Der Verwaltungs-Schänzer Messel gibt auch im Schlossbau das Mittagessen aus. So erfährt er natürlich immer alles, was dort unter den Gefangenen so los ist. Es wird immer noch über meine Person geredet und entsprechende Falschinfos und Hetze verbreitet.

In den letzten vier Tagen war auf den Feldern des Bauerhofes die Heu-Ernte gewesen. Der Bauerhof liegt außerhalb der Gefängnismauern. Dort arbeiten rund 15 Gefangene und zwar auch am Wochenende. Es gibt dort Rinder und Hühner und weiteres mehr. Der Bauernhof hat auch einen Verkaufladen, wo die Bürger Obst und Gemüse einkaufen können. Heute wird das Feld gepflügt für den nächsten Anbau. Landwirtschaftliche Geräte helfen den Gefangenen beim Anbau & Ernten. Eigentlich wollte ich dort auch arbeiten, denn ich bin schließlich auf einem Bauerhof aufgewachsen und habe deshalb Ahnung von Ackerbau & Viehzucht. Es wird aber alsbald anders kommen.

Messel ist gut befreundet mit dem Befangenen, der in der Bücherei arbeitet. Der Posten in der Bücherei ist heiß begehrt, denn dort kann man eigenständig und alleine arbeiten. Die Gefangenen können die Bücherrei betreten und sich alle Bücher in den Regalen anschauen und dann ausleihen. Ein Computer ist vorhanden. Dort steht auch ein Kopiergerät für die Gefangenen. Der Gefangene in der Bücherei hat "Draußen" eine große Firma. Er hat in Kislau extra eine neue Zweigstelle eingerichtet, damit er schon nach 1/2 Strafe in den Freigang kommen kann. Mehrere Rechtsanwälte arbeiten für Ihn und sorgen für seine günstigen Haftbedingungen. Mit Geld und Anwälten kann man also viel erreichen. Ich habe einen Jura-Studenten "Draußen". Er wird auch viel für mich tun. Er wird mich im September mit einem weiteren Bürgerrechtler besuchen kommen.

Am Abend ist wieder Fußball im TV angesagt. In jungen Jahren war ich Fußballschiedsrichter der A bis F Jugend gewesen.


 

13. Tag, Montag, den 30. Mai 2016

Um 6.45 Uhr beobachte ich die Gefangenen vom Schlossbau, wo diese über den Hof zur Arbeit in die Unternehmensbetriebe ausrücken. Mehrere Firmen von "Draußen" lassen in der JVA Kislau produzieren. Die Gefangenen sind sehr billige Arbeitskräfte. Der Stundenlohn liegt je nach Arbeit zwischen einem Euro und 1,50 Euro. 4/7 des Arbeitslohnes wird dem Eigengeld-Konto gutgeschrieben - und am Tage der Entlassung dem Gefangenen in bar ausgezahlt. 3/7 des Lohnes wird dem Hausgeld-Konto für den monatlichen Einkauf gutgeschrieben. Jeder Gefangene muss während der Knastzeit einen bestimmten Betrag ansparen. Liegt man schon über diesem Betrag, dann kann man auch für das Eigengeld etwas kaufen. Diesen Betrag werde ich in den sechs Monaten jedoch nicht erreichen.

Gegen Mittag kommt die Revier-Beamtin auf die Zelle und teilt mit, dass mein Besuchsantrag für drei Aktivisten aus den Niederlanden genehmigt wurden. Von Manu lasse ich mir erklären, wie so ein Besuch abläuft. Am Nachmittag kommt der leitende Beamte des Reviers auf unsere Zelle und spricht mit Roland. Um 17:45 Uhr spielen 9 Gefangene auf der Sportanlage vor unserem Zellenfenster Fußball. Ein Grund, mal wieder aus dem Fenster zu schauen.

Morgen wird ein guter Tag. Der 1. Einkauf wartet...


Tagebuch einer Gefangenschaft: 8. Tag, Mittwoch, den 25. Mai, 9. Tag, Donnerstag, den 26. Mai und 10. Tag, Freitag, den 27. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug"

http://krumme13.org/text.php?id=1222&s=read

geschrieben am 16.01.2017
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Autor K13online
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