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Text - Schlußwort beim Trierer SKANDAL-Prozess |
Meine Damen und Herren,
Ich sehe diesen Prozess als einen politischen Prozess. Es geht hier nicht darum, ob dieser Text kinderpornographisch ist, und schon gar nicht darum, ob Dieter Gieseking für die Veröffentlichung verantwortlich ist. Die Antwort auf diese Fragen ist nämlich ein zu klares und zu offensichtliches Nein. Es geht hier um einen Justizskandal, um den Missbrauch des Strafrechts aus politischen Gründen. Und dabei geht es nicht um ein einfaches Fehlurteil gegen zwei Personen, sondern um die Unterdrückung einer ganzen Gruppe von Menschen, einer sexuellen Minderheit - der Pädophilen.
Wie komme ich zu diesem harten Urteil? Zum einen [die Rede des Staatsanwalts, der kein einziges mal einen Strafrechtskommentar, dafür aber eine Tageszeitung zitierte. Dann] ist es hinreichend offensichtlich, dass wir unschuldig sind. Wer die Kommentare zum Pornographieparagraphen kennt, für den dürfte es offensichtlich sein, dass dieser sachliche Bericht über eine sexuelle Beziehung weit entfernt von einem pornographischen Bericht ist. Wer die Kommentare nicht kennt, und wen die Ausführungen während dieses Prozesses noch nicht überzeugt haben sollten, ist hiermit eingeladen, sich mit uns nach der Verhandlung zusammenzusetzen und dies anhand der Kommentare auszudiskutieren. Erst recht sind diejenigen eingeladen, die die Kommentare kennen und dies anders sehen, einschliesslich des Staatsanwalts und möglicherweise des Gerichts.
Noch abstruser ist die Verurteilung von Dieter Gieseking - also meinem Provider. Ich habe die alleinige volle Verantwortung für die Veröffentlichung des Textes, habe Herrn Gieseking genauso dafür bezahlt wie zu anderer Zeit die Deutsche Telekom, habe ihm explizit versichert, dass meine Seiten nichts illegales enthalten, und er kannte den Text selbst gar nicht. Das Internet in Deutschland könnte zumachen, wenn dies zum Präzedenzfall würde. Diese Gefahr besteht lediglich deswegen nicht, weil dies eben ein eindeutiges und klares Unrechtsurteil ist, weil der Angeklagte eben nicht die Deutsche Telekom AG ist, sondern halt ein Pädophiler.
Das Unrecht des Urteils selbst ist also offensichtlich. Zu offensichtlich. So offensichtlich, dass zumindest ich mir nicht vorstellen kann, dass es sich hier um einen ehrlichen Irrtum der ersten Instanz handelt, sondern von bewusster Rechtsbeugung ausgehe. Hier stellt sich nun die Frage nach dem Motiv. Ein solches Motiv gibt es - ideologisch motivierter Hass auf Pädophile. Dieter Gieseking ist nicht nur pädophil, sondern Gründer einer Organisation, die sich das Ziel gesetzt hat, auf dem Wege der öffentlichen demokratischen Diskussion für die Abschaffung des Pädophilenparagraphen 176 einzutreten, und deshalb besonders verhasst bei Missbrauchsfanatikern. Aber es geht hier nicht um eine persönliche Aversion gegen ihn oder uns beide - der Hass selbst richtet sich gegen alle Pädophilen.
Es gibt noch etwas, was diese Rechtsbeugung von einer einfachen falschen Unterstellung gegen einen verhassten Pädophilen unterscheidet. Hätte man uns fälschlicherweise Autodiebstahl unterstellt, wären sicherlich andere Pädophile in Gefahr, Opfer von Wiederholungstaten desselben Gerichts zu werden, aber es hätte keinen Einfluss auf andere Gerichte. Hier handelt es sich hingegen um einen Präzedenzfall - würde die Rechtmäßigkeit dieses Unrechtsurteils anerkannt, so würden Pädophile, die dasselbe tun wie wir, überall in Deutschland von Strafverfolgung bedoht werden. Und deswegen ist es wichtig, zu betrachten, was wir hier eigentlich getan haben, was genau man hier über den Umweg des Präzedenzfalls kriminalisieren will.
Was wir getan haben, ist, für die Milderung bis hin zur Abschaffung eines Gesetzes zu argumentieren. Und eines der wichtigsten Mittel in der Argumentation sind, neben wissenschaftlichen, juristischen und ethischen Betrachtungen, natürlich Berichte von angeblichen "Opfern" dieser Straftaten, die sich selbst gar nicht als Opfer sehen, sondern die Straftat gegen sie als für sie positives Erlebnis werten. Solange ein Opfer sexuellen Missbrauchs die Tat negativ wertet und für härtere Strafen eintritt, sind solche Berichte nicht nur zweifelsfrei legal sondern bekommen allgemeinen Beifall. Wertet es die Tat positiv, und wird dies von Leuten veröffentlicht, die für Entkriminalisierung eintreten, soll ein solcher Bericht verboten werden. Ich denke, es sind nicht so sehr wir beide, gegen die sich diese Rechtsbeugung richtet, sondern gerade die Veröffentlichung solcher Berichte soll durch Kriminalisierung verhindert werden.
Dies ist eine durchaus populäre Forderung. Ein Verein namens Schotterblume hat eine Petition verfasst, die ein Gesetz fordert, nach dem die Verbreitung "pädophilen Gedankenguts" strafbar gemacht werden soll, und soll dafür 50 000 Unterschriften erhalten haben. Erfolg beim Gesetzgeber hatten sie damit nicht, vermutlich aus Gründen offensichtlicher Verfassungswidrigkeit. Aber gerade in solch einer Situation wäre ein Präzedenzfall, mit dem faktisch dasselbe erreicht wird, nämlich die Verbreitung "pädophilen Gedankenguts" zu kriminalisieren, die Pädophilen zum Schweigen zu bringen, ein wichtiger Teilerfolg. Was auf legalem Wege bisher unmöglich war, soll hier über die Hintertür einer Rechtsbeugung geschehen, die einen Präzedenzfall schafft.
Was man uns Pädophilen hier nehmen will, ist nicht irgendein beliebiger Teil unserer Meinungsfreiheit. Sondern ein sehr zentraler Bestandteil. Genommen werden soll uns das Recht, den Paragraphen, der unsere Liebesbeziehungen kriminalisiert, als Unrechtsparagraphen anzuprangern. Damit nimmt man uns einen zentralen Teil der menschlichen Würde. Man will verhindern, dass wir unsere persönliche Ehre dadurch verteidigen, dass wir ein Gesetze, gegen welches wir verstoßen haben, als Unrechtsgesetze anprangern und dieses Urteil mit Argumenten und Fakten belegen.
Genauso zentral ist ein anderer Effekt dieses Verbots. Es soll verhindert werden, dass wir Pädophilen uns mit unseren Argumenten an einer demokratischen Diskussion über die Gesetze in diesem Staat beteiligen. Uns sollen die wichtigsten Argumente für eine Entkriminalisierung pädophiler Beziehungen durch Verbot genommen werden. Wir werden dadurch an einer für uns zentralen Stelle aus dem Prozess der demokratischen Willensbildung ausgeschlossen. Wir gehören gewissermaßen dadurch nicht mehr zum Volk, von dem die Staatsgewalt ausgeht.
Die Fragen, die sich stellen, wenn dieses Skandalurteil rechtsgültig werden sollte, sind daher von grosser Wichtigkeit für alle Pädophilen: Sind Pädophile noch Teil des Volkes oder schon Volksfeinde oder Volksschädlinge? Sind Pädophile noch im Besitz einer grundgesetzlich geschützten Menschenwürde oder schon Untermenschen? Leben Pädophile in Deutschland überhaupt noch in einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung?
Meine Damen und Herren,
gestatten Sie mir eine kleine Abschweifung. Bei einer Durchsuchung meiner Wohnung im Juni dieses Jahres wurden die anwesenden Erwachsenen von der Polizei brutal zusammengeschlagen, und dies vor den Augen von anwesenden Kindern. Was ich später dazu von Ermittlungsbeamten, Gefangenen und Organisationen wie AI gehört habe, lässt nur den Schluss zu, dass dies keine Ausnahme sondern übliche Praxis ist. Wer sowas anzeigt, muss mit Gegenanzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt oder wegen falscher Beschuldigung zu rechnen, worüber man praktischerweise nach solchen Vorfällen gleich belehrt wird.
Nicht nur das erstinstanzliche Skandalurteil, um das es heute geht, sondern auch dieses Erlebnis haben mich zur Überzeugung gebracht, dass es um diesen Rechtsstaat weitaus schlimmer steht, als ich vorher angenommen hatte. Einige von ihnen wird das freuen - endlich wird mal richtig durchgegriffen, endlich Schluss mit all diesem blöden rechtsstaatlichen "Täterschutz". Die Freude sei ihnen gegönnt, sie haben in der Tat viel erreicht. Die moderne Losung zur Abschaffung des Rechtsstaates heisst "Opferschutz statt Täterschutz", und sie ist sehr populär. Wem hingegen der Rechtsstaat etwas wert ist, der sollte nachdenken - insbesondere darüber, dass der Kern des Rechtsstaates, der Schutz des Individuums gegen den Staat, genau dann wichtig ist, wenn das Individuum vom Staat angegriffen wird, beschuldigt wird, ein Täter zu sein, oder gar nach den staatlichen Gesetzen Täter ist. Täterschutz ist in diesem Sinne der Kern des Rechtsstaats, wer ihn abschaffen will, will den Rechtsstaat abschaffen. Von der Abschaffung des Rechtsstaates profitieren die angeblich zu schützenden Opfer am allerwenigsten - weder das deutsche Volk noch das Proletariat haben davon profitiert, die Kinder werden es auch nicht tun. Die müssem heute schon heulend und ohnmächtig zusehen, wie ihre Freunde zusammengeschlagen und eingesperrt werden, und werden dann von der Polizei genötigt, ihre intimsten Geheimnisse zu offenbaren.
Meine Damen und Herren,
die Abschaffung des Rechtsstaates geschieht scheibchenweise. Was hier heute hier abgeschnitten werden könnte, ist eine scheinbar kleine aber doch wichtige Scheibe. Passen sie auf. Denken sie nach. Hören sie unsere Argumente an, solange wir sie noch äußern dürfen. Denken sie vor allem nach. Es ist ihr Staat, um den es hier geht.
Meiner ist es nicht mehr.
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Dieses Schlußwort von Ilja S. bekam im Gerichtssaal des Trierer Landgerichtes Applaus von der Anklagebank und aus den Zuschauerreihen.
Dieter G. griff diese mahnenden Wort auf und fügte hinzu: " Wir werden durch unsere Anwälte prüfen lassen, ob der Straftatbestand gem. § 344 STGB - Verfolgung Unschuldiger" vorliegt.
Die Hoffnung und Erwartung bleibt. Die Revision vor dem OLG Koblenz muß RECHT erbringen! FREISPRUCH !!!
Auch veröffentlicht in GIGI Nr. 29
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