TRIERER Justizskandal: Urteilsbegründung - II. Berufung 1. Revision
Wir zitieren aus der schriftlichen Urteilsbegründung zur Verhandlung vor dem LG Trier vom 26

Wir zitieren aus der schriftlichen Urteilsbegründung zur Verhandlung vor dem LG Trier vom 26.04.2005 in Auszügen. Dies Urteil in der II. Berufung und 1. Revision ist nicht rechtskräftig.

Gegen dieses erneute Fehlurteil wurde die II. Revision beim OLG Koblenz bereits eingelegt. Diese Revisionsbegründung stellen wir demnächst ebenfalls online bereit. Aufgrund dessen verzichten wir an dieser Stelle auf eine Richtigstellung mit Kommentaren.

 

Aktenzeichen: 8003 Js 12747/01.7 Ns

Landgericht Trier IM NAMEN DES VOLKES Urteil

In dem Strafverfahren gegen

1. Dieter Gieseking,

  2. IIja Schmelzer,

hat die 2. Kleine Strafkammer des Landgerichts Trier auf die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 25.03.2003 in der Hauptverhandlung am 26.04.2005, an der teilgenommen haben:

Richter am Landgericht Hardt als Vorsitzender

Schreiner Arno Weber, Thomm - Hausfrau Marlene Sicken, als Schöffen

Staatsanwalt Albrecht als Beamter der Staatsanwaltschaft

Justizangestellter Schanz als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Rechtsanwalt Graßmann, München   als Verteidiger des Angeklagten Gieseking

Rechtsanwalt Pinkerneil, München als Verteidiger des Angeklagten Schmelzer

für Recht erkannt:

Die Berufungen der Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Trier vom 25.03.2003 werden mit folgenden Maßgaben verworfen:

(.......)

Auf die Revisionen der Angeklagten hat das Oberlandesgericht Koblenz mit Beschluss vom 12.07.2004 das Urteil vom 29.09.2003 mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revisionen- an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

(....)

Urteilsbegründung:

(....)

Die beiden pädophilen Angeklagten, die sich bereits seit mehreren Jahren kennen und seither ein freundschaftliches Vertrauensverhältnis hegen, einigten sich bereits im Frühjahr 2000 dahingehend, dass Schmelzer auf der Homepage ein Unterverzeichnis zur Verfügung gestellt werden sollte. Dieses Unterverzeichnis innerhalb des Web-Space der Homepage der "Krumme 13" mit dem Zusatz "PRD (Pedosexual Resources Directory)" war mittels eines Links ("Pädophilie") von der Homepage des Vereins aus erreichbar. Zur Bearbeitung des Unterverzeichnisses erhielt Schmelzer von Gieseking ein entsprechendes Passwort. Dieses Vorhaben setzten die beiden Angeklagten vereinbarungsgemäß in der Folgezeit bis spätestens 01.04.2001 in die Tat um. Zwischen den Angeklagten war vereinbart, dass alleine Schmelzer für den Inhalt der PRD-Seiten verantwortlich sein solle. Dies ging insbesondere auch aus dem Impressum der Homepage der "Krumme 13" hervor. Dort hieß es noch am 10.05.2001, dass der als "IIja S" bezeichnete Angeklagte Schmelzer verantwortlicher Autor des Links "Pädophilie" sei. Später wurde der Angeklagte Schmelzer mit vollem Namen im Impressum genannt. Dort hieß es weiter, dass Schmelzer kein Mitglied des Vereins "Krumme 13" sei und und ihm sein Web-Space für die PRD-Info-Seiten eigenverantwortlich zur Verfügung gestellt worden sei, weshalb die "Krumme 13" jede Haftung dafür ablehne.

Gieseking hatte keine technischen Einflussmöglichkeiten auf den Inhalt der PRD-Seiten. Er hatte allerdings nach wie vor jederzeit die Möglichkeit, den in seinem Auftrag angebrachten Link auf die PRD-Seiten auf der Homepage seines Vereins zu entfernen und das Passwort zu ändern. Gieseking zeigte sich in einer an Schmelzer versandten E-mail vom 10.05.2000 sehr interessiert an dem, was Schmelzer in das Unterverzeichnis PRD aufnehmen wollte. Schmelzer hatte Gieseking bereits zuvor Material übermittelt, dass dieser nach Überprüfung zur Aufnahme ins Unterverzeichnis billigte. Gieseking bat Schmelzer in der E-mail vom 10.05.2000 darüber hinaus, alles was dieser an Material habe, auf CD-Rom oder Diskette zu speichern und diese ihm mit der Post zuzuschicken. Er kündigte an, sich alles genau ansehen zu wollen, damit beide dann sehen könnten, ob und wie sie alles verwenden könnten. Dass der Angeklagte Gieseking die gesamte Internet-Präsenz, insbesondere der Homepage der "Krumme 13" ganz genau angesehen hatte, schrieb er in einer weiteren E-mail vom 13.07.2001 an "Frank", "Peter" und xxx", alle erreichbar unter einer E-mall-Adresse der "Krumme 13".

In Anbetracht der ihm bekannten Umstände, dass Schmelzer pädophil und schon zweifach wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vorbestraft war, befürchtete Gieseking, dass Schmelzer in größerem Umfang in das Unterverzeichnis Kinderpornographie einstellen würde und bat diesen, dies nicht zu tun. Schmelzer sagte ihm zu, dass auf den Seiten kinderpornographische Bilder nicht zu finden sein würden. Er habe auch einen Text anhand des Strafgesetzbuches und mehreren strafrechtlichen Gesetzeskommentaren daraufhin überprüft, ob dessen Einstellung in die PRD-Seiten strafbar seien. Er sei zu dem Ergebnis gelangt, dass der Text nach geltender Rechtsprechung sexueller Missbrauch von Kindern nach § 176 StGB zum Inhalt habe, jedoch sei die Verbreitung dieses Textes nicht strafbar. Aus verschiedenen strafrechtlichen Kommentaren gehe nämlich hervor, dass der Rahmen, in den der Text eingestellt werde, diesen aus dem Bereich der Pornographie herausheben könne. Diesen Rahmen bilde seiner Meinung nach die Homepage der "Krumme 13" bzw. die PRD.

Gieseking, der sich bereits früher sehr interessiert für den Inhalt der PRD-Seiten gezeigt und auch zu erkennen gegeben hatte, mitzureden, ob und was in das Unterverzeichnis eingestellt wird, ließ sich, neugierig geworden, u.a. den nachfolgend wiedergegebenen, sogenannten "Stefan-Text" übermitteln, speicherte ihn auf der Festplatte seines PC's, las ihn durch und billigte seine Einstellung in die PRD-Seiten.

Dieser Text befand sich ursprünglich entweder bereits zuvor oder zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal auf der Festplatte des PC's des Angeklagten Gieseking. Diese Version des Textes wurde von Gieseking gelöscht - wann genau - ist nicht mehr feststellbar.

Die PRD-Seiten, die vollständig auch auf dem in der Wohnung des Angeklagten Gieseking am 13.08.2001 sichergestellten und mit Beschluss des Amtsgerichts Trier vom 15.08.2001 beschlagnahmten PC gespeichert waren, standen jedenfalls in der Zeit vom 01.04.2001 bis 07.08.2001 im Internet und waren über den Link "Pädophilie" von der Homepage der "Krumme 13" erreichbar.

Ein vom Verteidiger des Angeklagten Schmelzer bereits in der früheren Berufungshauptverhandlung vom 29.09.2003 überreichter Ausdruck des deutschsprachigen Teils der PRD-Seiten vom 19.08.2003 besteht aus 555 (zum Teil doppelt ausgedruckten) Seiten und ist identisch mit der auf dem beschlagnahmten PC des Angeklagten Gieseking gespeicherten.

(......)

Im übrigen beinhalten die PRD-Seiten Textauszüge aus oder Hinweise auf verschiedene, zum Teil wissenschaftliche Publikationen, z.B. von M.C. Baurmann "Sexualität, Gewalt und psychische Folgen. Wiesbaden BKA, 1983" oder M.Rieße, K.Büchel, E. Lignitz "Tödliche Gewalt von Jugendlichen an Kindern - sexuelle Motivation im Vordergrund, Archiv für Kriminologie 195, 1/2, Seite 3-8, 1995" oder von Dr.jur. Brigitte Sick "Die sexuellen Gewaltdelikte oder Der Gegensatz zwischen Verbrechensempirie und Rechtswirklichkeit", in Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, Bd. 78, 1995, sowie aus nichtwissenschaftlichen Publikationen, wie z.B. Amendt G.: "Nur die Sau rauslassen?" in:konkret?, 5:26-30, 1980.

Überwiegend sind mehrere Erlebnisberichte, persönliche Meinungen, Interviews oder kommentierte weitere Zitate zu finden. Insbesondere die Beschreibung der Ziele und die Selbstdarstellung der PRD, aber auch alle Erlebnisberichte, Interviews und persönliche Meinungen genügen keinem wissenschaftlichen Anspruch.

In den Auszügen aus den genannten und weiteren wissenschaftlichen Publikationen sind vielfach Passagen so aufgeführt, dass sich dem Leser der Zusammenhang, insbesondere die zugrundeliegende Untersuchung oder der wissenschaftliche Hintergrund nicht erschließt. So werden stets immer nur Textauszüge ohne wissenschaftliche Basis bzw. zugrundeliegende Rechercheergebnissen zitiert. In den Zitaten finden sich Auslassungen, die mit (...) gekennzeichnet sind, ohne dass der Grund der Auslassungen näher erläutert wird. In den Lücken befinden sich oft Alternativhypothesen oder kritische Anmerkungen, die die zitierten Ansichten einschränken oder aus einer anderen Sicht beleuchten. Die zugrundeliegenden Rechercheergebnisse werden ebensowenig ergebnisoffen diskutiert, wie Alternativhypothesen oder kritische Anmerkungen. Es wird auch nicht versucht, basierend auf unterschiedlichen Hypothesen die Gültigkeit einer oder mehrerer Hypothesen zu belegen. Die PRD-Seiten sind vielmehr weit überwiegend darauf beschränkt, den eigenen Standpunkt ohne kritische Reflektion gegensätzlicher Meinungen darzulegen. Kein einziger der vorhandenen Erlebnisberichte wird diskutiert, weder auf Grundlage der einschlägigen Literatur, noch sonst in irgendeiner Form. Soweit Passagen aus wissenschaftlichen Texten zitiert werden, sind diese unverändert, insbesondere nicht entstellend dargestellt. In ihrer Gesamtheit genügen die PRD-Seiten wissenschaftlichen Ansprüchen nicht. Sie sind auch kein wissenschaftliches Forum.

Neben mehreren anderen Erlebnisberichten befindet sich in den PRD-Seiten auch der nachfolgende, sogenannte "Stefan"-:Text:

PRD - Stefan - ein Bericht

(........)

http://paedosexualitaet.de/German/index.html

Unter der Überschrift "Erlebnisbeschreibungen" führte von dort ein Link mit dem Namen "Stefan" zur Seite

"www.krummelS.org/prd/German/exp/Stefan.html",

auf der sich der hier in Rede stehende Erlebnisbericht, der "Stefan" -Text, (vgl. oben Seiten 19-23) befindet. Diesen Weg wählte der Zeuge KHK Ehrlichmann am 10.05.2001, sodass der Text auf seinem Computer in seiner Dienststelle angezeigt, dort ausgedruckt und so Bestandteil der Ermittlungsakte wurde. Vorausgegangen war ein Hinweis der Zeugin Renate K.(Name bekannt), die der Dienststelle des Zeugen Ehrlichmann am 06.04.2001 mitgeteilt hatte, dass sie im Internet im "Big Brother-Forum" einen Verweis auf die Homepage der "Krumme 13" erhalten hatte. Nachdem die Zeugin angegeben hatte, dass sich der Inhaber der Homepage als Expolizist und Pädophiler ausgegeben hatte, weshalb sie die Vermutung habe, dass von der Homepage möglicherweise Kinderpornographie vertrieben werde, nahm der Zeuge Ehrlichmann am 10.05.2001 die beschriebenen Ermittlungen im Internet vor. Wie beide Angeklagte wussten, war der "Stefan"-Text weder in der Zeit vom 01.04. bis zum 07.08.2001, noch zum Zeitpunkt des Ausdrucks der PRD am 19.08.2003 mit Hinweisen oder Links mit anderen in die PRD eingestellten Beiträgen verknüpft.

Weder in den Zitaten aus den wissenschaftlich ernst zu nehmenden Beiträgen und Abhandlungen, noch sonst an irgendeiner Stelle des PRD, findet sich eine konkrete Auseinandersetzung, inhaltliche Diskussion oder wissenschaftliche Aufarbeitung (medizinischer, psychologischer oder soziologischer Art), die sich direkt mit den hier in Rede stehenden Text und/oder den zwei darin beschriebenen sexuellen Handlungen eines etwa 30jährigen erwachsenen Mannes mit einem ll-jährigen Kind (Oralverkehr bis zum Samenerguss und darüber hinaus der Versuch, einen Finger in den After des Kindes zu stecken - vgl. oben Seite 20) beschäftigt.

Diese Feststellungen beruhen auf der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten Schmelzer, der Einlassung des Angeklagten Gieseking, soweit die Kammer den Einlassungen zu folgen vermochte, den Bekundungen der vernommenen Zeugen und auf dem Inhalt der verlesenen Urkunden und Urteile, der in Augenschein genommenen Aktenbestandteile, auf dem Inhalt des im Selbstleseverfahren eingeführten Ausdrucks der PRD-Seiten vom 19.08.2003 und auf den Ausführungen des Sachverständigen, Professor Dr. Dr. Reinhard Urban in der Berufungshauptverhandlung.

Der Angeklagte Gieseking hat sich dahingehend eingelassen, den hier in Rede stehenden Text nicht gekannt, insbesondere nicht gewusst zu haben, dass dieser in den PRD-Seiten enthalten war. So habe er gegenüber dem Zeugen KOK Willems, der ihm den "StefanText" vorgelegt habe, anlässlich der Hausdurchsuchung, spontan geäußert, dass er den Text nicht kenne. Erst nach der Hausdurchsuchung hätten seine Webmaster/Administratoren nach dem Text gesucht und ihm mitgeteilt, dass dieser in den PRD-Seiten stehe.

Im übrigen handele es sich bei dem Text nicht um Pornographie. So sei der Text auch in der Zeitschrift "Gigi" vollständig veröffentlicht worden, ohne dass die Staatsanwaltschaft in diesem Zusammenhang etwas unternommen habe.

Ihm sei bekannt gewesen, dass die PRD-Seiten von Schmelzer verwaltet wurden. Auch habe er von dem Link "Pädophilie" auf der Homepage der "Krumme 13" Kenntnis gehabt. Der Angeklagte Schmelzer hat sich dahingehend eingelassen, dass die rechtliche Verantwortung für die Veröffentlichung des Unterverzeichnisses PRD und somit insbesondere des fraglichen Textes nicht bei Gieseking, sondern einzig und allein bei ihm liege. Diese rechtliche Verantwortung entspreche sowohl der persönlichen Vereinbarung mit Gieseking, als auch der Darstellung nach außen, u.a. im Impressum der Webseite der "Krumme 13". Er habe Gieseking darüber informiert, dass seine Seiten wissenschaftliche, historische oder politische Texte sowie nichtpornographische Erlebnisberichte zum Thema Pädophilie enthielten, jedoch weder Bilder, noch Belletristik und schon gar nicht Kinderpornographie. Er habe sich anhand der Kommentare zum "Kinderpornographie-Paragraphen" selbst davon überzeugt, dass die in der PRD enthaltenen Texte nicht unter diesen Paragraphen fielen. Bereits aufgrund des Umfangs der Seiten aber auch aufgrund fehlender Rechtskenntnisse habe er praktisch keine Möglichkeit, diese Versicherung im Detail zu überprüfen und außerdem auch keinen Anlass dazu. Den technischen Transfer der Texte zu den von Gieseking gemieteten und an ihn untervermieteten Web-Space habe er selbst durchgeführt.

Es treffe zu, dass der "Stefan"-Text nach geltender Rechtssprechung den sexuellen Missbrauch von Kindern im Sinne des StGB zum Inhalt habe. Weiterhin treffe zu, dass dieser Text von ihm öffentlich zugänglich gemacht worden sei. Indes sei der Text in keinerlei Weise pornographisch und falle damit nicht unter den Tatbestand des § 184 III StGB. Dies gehe eindeutig aus den verschiedensten Kommentaren zum StGB hervor.

Es sei stets seine Zielsetzung und Intension gewesen, in der PRD nur rechtlich zulässige Inhalte aufzunehmen. Deshalb habe er sich vor der Veröffentlichung intensiv mit den einschlägigen Straftatbeständen auseinander gesetzt und die verfügbare Kommentarliteratur (Leipziger Kommentar, Schönke/Schröder, Maurach/Schröder/ Maiwald, Rudolphi/Horn/Samson/Günther/Hoyer) studiert. Auf der Basis der dort enthaltenen Erörterungen sei er zu dem Ergebnis gekommen und im übrigen noch heute der Überzeugung, dass der "Stefan"-Text sowohl allein für sich, als auch im Rahmen der PRD, als auch im Kontext der Webseiten der Gruppe "Krumme 13" nicht als pornographisch angesehen werden könne. Beide Angeklagte vertreten die Ansicht, Pädophile, die Kinder "gewaltlos" sexuell missbraucht haben, seien generell unschuldig und würden zu Unrecht verfolgt und sanktioniert, denn sexuelle Kontakte Erwachsener zu Kindern seien für diese nicht schädlich. Die Einlassung des Angeklagten Gieseking ist nach dem Ergebnis der von der Kammer durchgeführten Beweisaufnahme ebenso widerlegt, wie die des Angeklagten Schmelzer, soweit dieser behauptet, Gieseking habe keine Kenntnis von dem betreffenden Text gehabt. Die Kammer ist davon überzeugt, dass Gieseking positive Kenntnis vom Inhalt des "Stefan"-Textes hatte und davon, dass dieser in den im Internet eingestellten PRD-Seiten enthalten war.

Schmelzer hat insoweit glaubhaft eingeräumt, dass er Gieseking u.a. darüber informiert hatte, dass die PRD-Seiten Erlebnisberichte zum Thema Pädophilie enthielten. Die Kammer ist des weiteren davon überzeugt, dass Gieseking sich, daraufhin neugierig geworden, den Text übermitteln ließ und durchlas. Gerade seine E-mail vom 10.05.2000 macht deutlich, dass Giesekings wegen seines großen Interesses über alles informiert werden wollte, was Schmelzer in die PRD-Seiten einzustellen beabsichtigte.

Dass Gieseking Kenntnis von dem Text und dessen Existenz auf den PRD-Seiten hatte, folgt insbesondere auch daraus, dass sowohl die gesamten PRD-Seiten, als auch der Text auf der Festplatte seines PC's im Zeitpunkt der Sicherstellung desselben gespeichert waren und dass Gieseking eine weitere Version des Textes auf seinem PC gelöscht hatte. Aus der E-mail Giesekings vom 13.07.2001 ergibt sich unzweifelhaft, dass er die gesamte Internetpräsenz der "Krumme 13" bis ins kleinste Detail studiert hatte. Die Kammer ist deshalb davon überzeugt, dass er auch die mit der Homepage verlinkten PRD-Seiten, so wie sie im Internet veröffentlicht waren, zur Kenntnis genommen hat. Gerade aber auch wegen des zwischen den Angeklagten bestehenden freundschaftlichen Vertrauensverhältnisses ist die Kammer davon überzeugt, dass Schmelzer gerade diesen Text, dessen Inhalt er selbst als sexuellen Missbrauch eines Kindes erkannte, nicht in das Unterverzeichnis eingestellt oder sofort aus diesem wieder gelöscht hätte, wäre die Veröffentlichung nicht von Gieseking ausdrücklich gebilligt worden.

A.(Zeuge) und F.(Zeuge) haben auch in der erneuten Berufungshauptverhandlung zu der Frage, ob Gieseking Kenntnis von dem betreffenden Text hatte oder nicht, oder welche Abreden insoweit zwischen den Angeklagten getroffen wurden, keine Angaben machen können. Sie haben insoweit erneut lediglich bekundet, vor Sicherstellung des PC's des Angeklagten Gieseking keine eigene Kenntnis von dem Text und dessen Einstellung in die PRD-Seiten durch Schmelzer gehabt zu haben.

Widerlegt ist auch die Behauptung des Angeklagten Gieseking ,- er habe gegenüber dem Zeugen KOK Willems, der ihm den "Stefan"-Text vorgelegt habe, anlässlich der Hausdurchsuchung spontan geäußert, dass er diesen Text nicht kenne. Der Zeuge Willems hat hierzu in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft bekundet, dass er ausschließen könne, Gieseking den Text vorgehalten zu haben. Auch die von dem Angeklagten behauptete Spontanäußerung hat der Zeuge Willems nicht bestätigt. Nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen äußerte Gieseking lediglich, ihm geschehe Unrecht, ihm werde die Existenzgrundlage durch die Beschlagnahme entzogen. Schmelzer hat auch in der erneuten Berufungshauptverhandlung glaubhaft eingeräumt, dass ihm klar war, dass der "Stefan"-Text nach geltender Rechtsprechung den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Inhalt hat und das dieser Text von ihm öffentlich zugängig gemacht wurde.

Damit haben sich beide Angeklagten der gemeinschaftlichen Verbreitung pornographischer Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben, schuldig gemacht (§§ 184 III Nr. 2, 25 II StGB). Sie haben eine pornographische Schrift, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand hat, in sonstiger Weise zugänglich gemacht. Der "Stefan"-Text war als Datei zum Leserzugriff ins Internet gestellt. Damit war dem Internetnutzer die Möglichkeit des Zugriffs auf die Datei eröffnet, was dadurch deutlich wird, dass der Zeuge Ehrlichmann den Text auf dem Bildschirm seines dienstlichen PC's gelesen und ihn auch ausgedruckt hat.

Der fragliche Text ist eine pornographische Schrift im Sinne des § 184 III StGB. Pornographisch ist eine Schrift, wenn sie nach ihrem objektiven Gehalt zum Ausdruck bringt, dass sie ausschließlich oder überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes bei dem Betrachter abzielt und dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertvorstellungen gezogenen Grenzen des sexuellen Anstandes eindeutig überschreitet. Dies liegt bei einer Schilderung sexueller Vorgänge vor, wenn einer auf die sexuelle Stimulierung reduzierte und der Lebenswirklichkeit widersprechende, aufdringlich vergröbernde, verzerrende und anreißerische Darstellungsweise gewählt wird. Pornographie ist dann anzunehmen, wenn unter Ausklammerung aller sonstigen menschlichen Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund gerückt werden und ihre Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf das lüsterne Interesse an sexuellen Dingen abzielt. Hierzu zählt insbesondere auch Kinderpornographie, d.h. Schriften, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zum Gegenstand haben.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der "Stefan"-Text verfolgt zumindest weit überwiegend das Ziel, den Internet-User sexuell zu stimulieren. Es wird der Oralverkehr und der versuchte Analverkehr zwischen einem elfjährigen Jungen und einem dreißigjährigen Mann geschildert. Gerade die positive Schilderung dieser Vorgänge aus der Sicht des elfjährigen Jungen verharmlost den geschilderten Kindesmissbrauch und führt dadurch ohne Zweifel zum Herabsenken der Hemmschwelle angesprochener Pädophiler. Der sexuelle Kontakt zwischen Erwachsenen und Kindern wird durch den Text befürwortet, verherrlicht, verharmlost und beworben. Da der pädophile Internet-User, der über die Homepage der "Krumme 13" auf die PRD-Seiten gelangt und den Text liest, genau das geboten bekommt, was seiner sexuellen Veranlagung entspricht, ist der Text eindeutig auf die Stimulierung sexueller Reize ausgerichtet.

Die Tatsache, dass sich der Text nicht auf die Darstellung des Oral- und versuchten Analverkehrs zwischen dem Kind und dem Erwachsenen beschränkt, sondern die Zeit des Kennenlernens und außersexuelle Betätigungen schildert, ändert an seinem pornographischen Charakter nichts. Ein; pornographischer Text muss keineswegs die ausschließliche Beschreibung des sexuellen Missbrauchs zum Gegenstand haben. Insbesondere die Beschreibung des Kennenlernens von Kindern hat bei Personen mit pädophilen Neigungen nämlich eine besondere Bedeutung, weil gerade aus der Sicht des Pädophilen die Annäherung schon als sexuell empfunden wird und sich schließlich steigert bis hin zum sexuellen Missbrauch.

Im übrigen wäre es widersinnig, dem Text sein sexuelles Ziel und damit seinem pornographischen Inhalt deshalb abzusprechen, weil der sexuelle Kontakt zwischen einem Kind und einem Erwachsenen durch die Schilderung nichtsexueller Kontakte vor und nach dem eigentlichen sexuellen Missbrauch verharmlost wird. Bei Beurteilung der entscheidenden Frage, ob der Text ausschließlich oder überwiegend das Ziel verfolgt, den Betrachter sexuell zu stimulieren, kommt es naturgemäß auf den Kontext an, in den er gestellt ist. Ein Kontext, der dem .Text seinen pornographischen Charakter nehmen würde, ist vorliegend allerdings nicht vorhanden. Insbesondere ist der Erlebnisbericht keineswegs im Zusammenhang mit einer wissenschaftlich ernstzunehmenden Darlegung anerkannter Psychologen oder Sexualwissenschaftler zu den schädlichen Folgen sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern als Diskussionsbeitrag in die PRD-Seiten eingestellt worden. Diese sind ausweislich der überzeugenden, in sich geschlossenen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, Prof. Dr. Dr. Urban, in der Berufungshauptverhandlung kein wissenschaftliches Forum. Der Sachverständige ist nach Studium des ihm vorab zur Verfügung gestellten Ausdrucks der PRD-Seiten zu dem Ergebnis gekommen, dass diese, insgesamt wissenschaftlichen Ansprüchen nicht genügen. So finden sich in den PRD-Seiten überwiegend nichtwissenschaftliche Texte, Meinungen, Kurz- und Langzitate sowie Erlebnisberichte. Darunter gemischt sind Auszüge aus Arbeiten anerkannter Wissenschaftler, deren Texte immer wieder mit Auslassungen, d.h. unvollständig zitiert sind. Diese Vorgehensweise entspricht ausweislich der Ausführungen des Sachverständigen nicht einer wissenschaftlich anerkannten Methode, weil die Auslassungen beim Zitieren ohne jede Erklärung vorgenommen werden.

Auch hat der Sachverständige eine Auseinandersetzung mit oder eine Diskussion über den "Stefan"-Text, weder den Passagen der PRD-Seiten mit Zitaten aus wissenschaftlichen Arbeiten, noch dem sonstigen Inhalt der Seiten entnehmen können. Selbst die Seite "Über freiwillige pedosexuelle Verhältnisse", an deren Ende sich der Link zum "Stefan"-Text befindet, befasst sich auch nicht ansatzweise mit diesem Text, sondern beschränkt sich vielmehr darauf, Pädophilie zu verherrlichen, in dem dort behauptet wird: "Freiwilliger, erwünschter Sex ist gesund, auch für Kinder, und auch wenn die Partner erwachsen sind". Dass sexueller Missbrauch von Kinder für diese in aller Regel erhebliche Entwicklungsstörungen und psychische Schädigungen zur Folge hat, wird geflissentlich verschwiegen. Nach alledem ist der "Stefan"-Text eindeutig eine pornographische Schrift und keineswegs eine wissenschaftliche Abhandlung oder ein Beitrag im Rahmen einer solchen.

Beide Angeklagten handelten vorsätzlich.

Der Angeklagte Schmelzer kannte nach eigenem Eingeständnis den pornographischen Inhalt des Textes und veröffentlichte ihn bewusst und gewollt auf den PRD-Seiten.

Gieseking kannte den inkriminierten Text und konnte seinen pornographischen Inhalt ebenfalls ohne weiteres erkennen. Mit seiner ausdrücklichen Billigung wurde der Text von Schmelzer in die PRD-Seiten eingestellt, dort veröffentlicht und mit der Homepage der "Krumme 13." verlinkt. Beiden Angeklagten war bekannt, dass jeder Internet-User, so wie durch den Zeugen Ehrlichmann geschehen, problemlos auf den Text zugreifen konnte. Beide Angeklagte wussten auch, dass die weiteren PRD-Seiten sich nicht konkret mit dem pornographischen Text befassen oder diesen diskutieren.

Ein Verbotsirrtum liegt bei keinem der Angeklagten vor. Beiden war klar, dass der Text kinderpornographische Passagen enthält. Beide wussten sehr wohl, dass sie bei Veröffentlichung des Textes die Grenze der Legalität überschritten. Ihnen war bekannt, dass es sich bei dem Text nicht nur um einen reinen "Erlebnisbericht", eingebettet in eine Art wissenschaftliche Studie, sondern vielmehr um eine für das pädophile Lesepublikum sexuell äußerst anregende Lektüre handelte. Das folgt schon aus der Einlassung Schmelzers, wonach ihm bewusst war, dass der "Stefan"-Text nach geltender Rechtsprechung den sexuellen Missbrauch von Kindern beschreibt, aber auch aus dem Inhalt der PRD-Seiten mit der Überschrift: "Nur für Erwachsene" (vgl. Seite 16 oben), für deren Inhalt der Angeklagte Schmelzer ebenso verantwortlich zeichnet, wie für den Gesamtinhalt aller PRD-Seiten.

(.......)

H a r d t

Richter am Landgericht Trier

Interessierte Personen/Stellen sowie Vertreter  Medien können das komplette Urteil in Kopie bei uns anfordern.

geschrieben von K13-Online am 14.06.2005 - ID: 365 - 4253 mal gelesen Drucken

Copyright by K13-Online-Redaktion