"Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überläßt?" - Ernst R. Hauschka
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Text - Tagebuch einer Gefangenschaft: 4. Tag

Tagebuch einer Gefangenschaft: 4. Tag, Samstag, den 21. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug"

Nach dem morgentlichen Ritual beginnt gleich wieder die Schikane. Der Pforzheimer Gefangene verlangt von mir, dass ich nur eine bestimmte Toilette benutzen darf. Ich merke schnell, dass diese Idee nicht von Ihm kommt, sondern ER auf Weisung vom Redelführer "Andi" handelt. Ebenso handelt ein Gefangener im Etagenbett mir gegenüber in seinem Auftrag, indem dieser mich auffordert, im Bett meine Nagelschere nicht zu benutzen. "Andi" selbst bestimmt, dass ich nur noch auf der rechten Seite des Gemeinschafttisches vorbei gehen darf. Er fordert mich auf, heute Morgen zum Duschen zu gehen. Dort soll es einen körperlichen Angriff auf mich geben. Ich verweise darauf, dass ich mich zum Sport angemeldet habe und dann werde ich duschen gehen. Auch wird mir das Benutzen des gemeinschaftlichen Kühlschrankes verboten. Am Wochende bleibt die Zellentür zum Flur zu der Nicht-Raucherzelle bis 17 Uhr geöffnet. Die Tür zum Schlossflur bleibt während der Einschlusszeiten geschlossen. Die Notrufanlage zum Dienstzimmer der Beamten befindet sich direkt an dieser Tür zum Schlossflur. In der Zugangszelle 118 ist keine Notrufanlage angebracht. Man kann diese Anlage also nur dann für einen Notruf nutzen, wenn man über den Flur dort hin kommt und damit die Zellentür geöffnet ist. Während des Nachteinschlusses ist dieses jedoch nicht möglich. Passiert etwas in der Nacht, dann ist kein Notruf möglich. Um 7:45 Uhr können alle Gefangene zur Anstaltskirche gehen. Die Postausgabe erfolgt von einem Beamten in der Zelle und wurde vorher geöffnet. Beim Versand der Post können die Briefe verschlossen in einen Briefkasten im Schlussflur eingeworfen werden. Eine Zensur findet nicht statt. Während des Hofganges hört man Drohungen gegen meine Person aus dem rechten Zugangsflügel.

Situation eskaliert in Zugangszelle 118

Noch am Morgen findet ein weiteres Gespräch mit den diensthabenden Beamten statt. Ich mache Meldung über die Vorfälle. Erneut wird mir erklärt, dass ich über das Wochenende durchhalten soll. Am Montag soll es eine andere Regelung geben. Nach der Ausgabe des Mittagessens eskaliert die unerträgliche Situation erneut. Der Regelsführer "Andi" springt von seinem Stuhl auf und bedrängt mich körperlich. Zuvor hatte ich seinen Befehl, an der rechten Seite des Tisches vorbei zu gehen, nicht befolgt. Mit seinem Körper versperrt er mir den Weg über den Flur zur Notrufanlage. Der Albaner schließt die Zellertür und versperrt mir zusätzlich den Weg auf den Flur zur Notrufanlage. Ich schaue fragend in die Runde der anderen Gefangenen, die alle am gemeinschaftlichen Tisch sitzen. Ein weiterer Gefangener am Tisch wiederholt fortlaufend, dass es im Knast eine Hierarchie gibt, der gefolgt werden muss. Ich erkenne, dass von diesen Mitgefangenen keine Hilfe zu erwarten ist. "Andi" droht mir, dass wenn ich über diesen Vorfall eine Meldung an die Beamten mache, er ein Jahr zusätzlichen Knast in Kauf nehmen wird. Er würde mich auch bei einer Verlegung überall finden, weil er überall seine Leute hat. Alle Gefangenen dieser Zugangszelle haben sich gegen mich verschoren. Trotz der Gefahrenlage und großer Angst bleibe ich ruhig. Erkläre, dass ich die Notrufanlage nur deshalb benutzen werde, um eine interne Verlegung in die Nichtraucher-Zelle zu erreichen. Daraufhin gibt dieser hochgradig gefährliche "Andi" & der Albaner vor der Zellentür den Weg frei zur Notrufanlage. Ich betätige den Notruf und der diensthabende Beamte öffnet mir die Tür, und wir gehen gemeinsam auf sein Dienstzimmer. Ich werde diese Zugangszelle 118 nicht mehr betreten.

Interne Verlegung in den Revierbau Zelle 301

Im Dienstzimmer mache ich trotz der Drohungen der Gefangenen Meldung über alle Vorfälle. Ich erkläre dem Beamten, dass es mir wegen der Angriffe und Drohungen nicht mehr möglich ist, in diese Zelle der Knasthierarchie zurück zu gehen. Es besteht Gefahr auf Leib & Leben. Zum "Glück" ist dieser diensthabende Beamte gleichzeitig auch Sanitäter im Krankenrevier/Revierbau. Er veranlasst die sofortige Verlegung in die dortige Revier-Zelle 301. Ich packe unter Aufsicht eines Beamten meine ganze Habe zusammen in zwei Körben und werde über den Hof in den Revierbau gebracht. Die große und moderne Zelle 301 wird neben erkrankten Gefangenen auch für Notfälle wie bei mir genutzt. Mich erwartet in dieser Drei-Bett-Zelle nur ein Mitgefangener mit Namen "Roland". Der Revier-Beamte fragt Ihn, ob er mit meiner Person einverstanden ist. Roland hat keine Einwende und begrüßt mich herzlich. Im Revierbau befinden sich in der 1. Etage nur noch zwei weitere Gefangene: Der Revier-Schänzer und der Verwaltungs-Schänzer. Auch diese Beiden werden mich in den nächsten Tagen herzlich aufnehmen. Kein anderer Gefangener wird unkontrollierten Zugang in den Revierbau erhalten. In der Zelle 301 werde ich sicher und geschützt sein vor allen Angriffen der JVA-Insassen. Auch während der Einschlusszeiten ist die Zellentür zum Flur ständig geöffnet. Über den Flur gelangt man in eine separate Küche. Der nächste Raum ist die Zelle für die zwei Schänzer. Am Ende des Flurs befindet sich ein separater Raum mit Dusche & Bad. Erstmals gehe ich in Ruhe und ausgibig zum Duschen. Auf der Zelle 301 befindet sich auch ein TV-Gerät/Radio. Die Zelle ist sauer und gepflegt. Die Schränke/Spinte sind ordentlich, sowie auch die gesamte Zelleneinrichtung. Ausführliche Gespräche mit Roland beginnen. Am Abend kommt der Verwaltungs-Schänzer "Messel" zu uns auf die Zelle, und wir führen unsere Gespräche weiter. Beide werden mir in den nächsten Wochen viele Dinge über die Abläufe in Kislau erläutern und mir sehr bei der Bewältigung meiner Haftzeit behilflich sein. Ohne deren Mithilfe wäre ich totsicher hoffnungslos verloren gewesen. Aber auch dem Revier-Beamten/Sanitäter, den ich fortan als Lebensretter bezeichnen werde, sei an dieser Stelle gedankt. Am Abend schauen wir in Ruhe TV und spielen eine Runde Schach. Die Nacht wird ohne Angst im Schlaf vergehen....

Tagebuch einer Gefangenschaft: 3. Tag, Freitag, den 20. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug"

http://krumme13.org/text.php?id=1217&s=read

geschrieben am 13.12.2016
gelesen 2010
Autor K13online
Seiten: 1
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