Tagebuch einer Gefangenschaft: 94. Tag, Freitag, den 19. August 2016 in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
Bei Aufschluss um 6 Uhr werfe ich wieder meine gestern geschriebenen Briefe in den Kasten auf der 1. Ebene und lese das Buch über Thomas Mann weiter bis zum Mittagaufschluss. Ein Beamter eröffnet mir, dass eine Aushändigung der Stellungnahme wegen 2/3 Strafe von Kislau in Kopie nicht möglich ist. Ich soll mich an meinen Rechtsanwalt wenden, der dann eine Kopie anfordern kann. Mein Anwalt Graßmann hat jedoch auf meine zwei Briefe nicht reagiert. Er wird auch nicht mehr antworten, aus welchen Gründen auch immer. Man könnte auch sagen, dass ER mich im Knast im Stich gelassen hat. Damit habe ich die Zusammenarbeit mit Rechtsanwalt Leonard Graßmann, der mich im Strafverfahren über viele Jahre beraten und verteidigt hat, beendet.
Am Nachmittag gehen "Peter K." und ich wieder gemeinsam zum Hofgang. Danach höre ich wieder Radio SWR4 und liege auf meinem Bett herum. Kurz vor Einschluss hole ich erneut den Bücherkatalog, um neue Bücher für Montag zu bestellen. Mehr war nicht los heute. Die Tage werden immer eintöniger und langweiliger. Nur schwer zu ertragen...
Tagebuch einer Gefangenschaft: 95. Tag, Samstag, den 20. August 2016 in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
Samstags ist wieder das Reinigen der Zelle 4226 angesagt. Beim Abholen des Stiels aus dem Dienstzimmer öffnet der Schulschänzer "Cemil" seine Zellentür so weit, dass ich diese etwas zur Seite schieben muss. Dies nimmt Er zum Anlass, sich beim Beamten über mich zu beschweren. Anscheinend ist Ihm auch langweilig, und ER weiß nichts besseres zu tun. Kurze Zeit später kommt der Beamte auf meine Zelle und trägt mir diese lächerliche Beschwerde von diesem "Cemil" vor. Auch ich soll solche Sticheleien immer gleich melden und nicht selbst regeln. Um 9 Uhr gehe ich wieder zum Duschen. Ein Gefangener legt den Schrubber queer vor die Tür. Keine Ahnung, was das für ein "Zeichen" sein soll. Es gibt im 4. Flügel mehrere schwule Gefangene, wie mir schon zu Ohren gekommen ist. Homosexualität im Knast ist sicherlich auch ein Thema. Aber ich denke, dass auch heterosexuelle Gefangenen im Knast auf die Idee kommen könnten, es aus der Not bzw. aus Mandel an Frauen es mal mit Männern versuchen. Mir ist DAS völlig fremd und meine diesbezüglichen Bedürftnisse liegen bei genau NULL.
Zum Hofgang um 14 Uhr gehe ich wieder mal alleine und unterhalte mich im Hof am Schwarzen Brett kurz mit einem Gefangenen aus einem anderen Flügel. Danach besuche ich "Peter K." kurz auf seiner Zelle. Auch besuche ich den Gefangenen auf Zelle 4310 mal wieder und wechsele ein paar Worte mit Ihm. Einschluss und dann TV-Schauen beenden den Tag...
Tagebuch einer Gefangenschaft: 96. Tag, Sonnntag, den 21. August 2016 in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
"Ein Sonntag im Bett" in einer Zelle sieht anders aus als "Ein Sonntag im Bett" in Freiheit. Lese, lesen, lesen eines Buches von Thomas Mann füllt den ganzen Morgen. Am Nachmittag schauen ich im Hof den Gefangenen vom Vollyballspielen zu. Mit "Peter K." tausche ich mal wieder mein Abendessen, was für mich kaum zu genießen ist. Auch eine Dose Wurst vom Einkauf muss wieder dran glauben. Oft stehe ich vor meinem Schrankregal und schaue mir an, wie mein Einkauf immer weniger und weniger wird. Und meine Rationen immer dürftiger. Es ist ein Trauerspiel. Im TV läuft gefühlt immer der gleiche Mist. Für die nächsten 10 Jahre habe ich im Knast schon mal vorgeschlafen...
Tagebuch einer Gefangenschaft: 97. Tag, Montag, den 22. August 2016 in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
Beim Aufschluss schlafe ich weiter. Hatte in der Nacht wieder Gliederschmerzen. Die Ursache liegt an der mangelnden Bewegung. Im Bett schaue ich TV und ein Sanitäter bringt wieder meine Tabletten für eine Woche auf die Zelle. Beim Mittagsaufschluss kommt wieder "Peter K." kurz auf meine Zelle, und ich gehe kurz zum Gefangenen Zelle 4310. Die FAZ lesen und SWR4-Radio begleitet mich den ganzen Tag über. Die Bücherausgabe findet heute erst am Dienstag statt. Am Abend grübele ich darüber nach, ob mein Einkaufsschein auch sein Ziel erreicht hat. Denn am morgigen Dienstag íst wieder Einkauf - und zwar für diesmal drei Wochen bis zum 13. September. Damit steht schon jetzt fest, dass ich die letzte Woche nichts mehr auf meiner Zelle haben werde. Noch nicht einmal ein Bonbon zum Lutschen. "Peter K." kaut immer an seinen Fingernägeln herum bis das Blut kommt. Ich hoffe, dass es bei mir nicht so weit kommen wird...
Tagebuch einer Gefangenschaft: 93. Tag, Donnerstag, den 18. August 2016 in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
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