Tagebuch einer Gefangenschaft: 6. Tag | |
Tagebuch einer Gefangenschaft: 6. Tag, Montag, den 23. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug" Nach dem täglichen Aufschluss und damit verbundenen Wecken stelle ich die Zellenmöbel um bzw. passe Tisch, Stühle und Bett meinen Bedürfnissen an. Roland hat nix dagegen, denn seine Knastzeit dauert nicht mehr lange an Zeit. Heute wird er am Nachmittag seinen 1. und sogar unbegleiteten Ausgang haben. Groß und breit hat er mir seinen Fall erläutert. Er hat bereits eine positive Entscheidung der Strafvollstreckungskammer(StVK) zu 2/3 Strafe auf dem Tisch liegen. Weil er auch schon einen festen Arbeitsvertrag vorgelegt hat soll er auch schon Freigang erhalten. Bei einem Freigang kann der Gefangene tagsüber zum Arbeitsplatz fahren und muss dann natürlich in der Nacht zurück in die JVA. Das Problem liegt trotz StVK Entscheidung aber darin, dass weder in Kislau noch in Bruchsal ein freier Platz für einen Freigänger vorhanden sein soll. Die Entscheidung wurde also von der JVA noch nicht umgesetzt. Das geht natürlich gar nicht. Ich rate Ihm dringend, einen Rechtsanwalt einzuschalten. Dies wird ER auch umgehend tun. Posteingang & Postausgang geregelt Grundsätzlich muss jeder Gefangene eingehende Post in der Anstaltskirche im Schlossbau selbst abholen. Dazu müsste ich jedoch bei Aufschluss über den Hof in den Schlossbau gehen. Es würde sich nicht vermeiden lassen, dass ich dabei Gefangenen aus der Zugangszelle über den Weg laufe. Einen solchen Spießroutenlauf möchte und werde ich mir nicht antun. Der Verwaltungs-Schänzer Messel ist bereit, meine verschlossenen Briefe aus dem Revierbau mitzunehmen und direkt in den Postausgang der JVA einzuwerfen. Für Gefangene, die Post bekommen, gibt es im Schlossbau ein schwarzes Brett, wo die Namen angeschlagen sind. Hierbei treffe ich mit einer Beamtin des Reviers eine Regelung, dass mir meine Post ins Revier gebracht wird. Der Beamte, der die ganze Post ausgibt, soll angeblich immer schlechte Laune haben. Das kann ich jedoch nicht bestätigen. Meiner Person gegenüber ist er sehr nett. Meine Begrüßung wird jeden Tag lauten: "Oh, da kommt der Beamte mit der frohen Botschaft". Er wird mehr als nur 3 Briefmarken in der Post durchgehen lassen, so dass ich schon bald über viele Briefmarken verfügen kann, die ich von "Draußen" geschickt bekomme. Ein fleißiger Brieffreund wird jede Woche einen Brief mit Marken schicken. Er adressiert seine Briefe so: An den Journalisten & politischen Gefangenen. Diese Anrede bleibt dem Beamten der Post natürlich nicht verborgen. Im Laufe der Knastzeit werde ich weit über 100 Briefe bekommen und auch schreiben. Die Post wird vor meinen Augen vom Beamten geöffnet, aber niemals gelesen. Gesprächtermin beim Anstalts-Psychologen Herrn Jung Aufgrund der Vorfälle in der Zugangszelle 118 werde ich zu einem Gespräch beim Anstalts-Psychologen abgeholt. Zu Anfang des Gespräches versucht mich Herr Jung auf meine Deliktsart zu reduzieren. Dies wird Ihm jedoch im Laufe der Unterhaltung nicht gelingen. Wir diskutieren über den gesamten Themenkomplex. Und natürlich auch über den Grund meiner Vorsprache in der Zelle 118. Ich erzähle Ihm ausführlich, was dort alles passiert ist. Eine solche Knasthierachie ist menschenverachtend und darf nicht geduldet werden. Es verschlägt Ihm fast die Sprache, und ich merke, dass er sich auf meine Seite schlägt. Zum Abschied drückt er mir fest die Hand und verabschiedet sich freundlich. Ich gehe natürlich davon aus, dass dieses Gespräch und die Vorfälle mit meinen Meldungen aktenkundig gemacht worden sind. Erst bei der Monate später erfolgten 2/3 Entscheidung der StVK muss ich feststellen, dass die JVA Kislau diese Vorgänge offenbar nicht in ihrer Stellungnahme an die StVK mitgeteilt hat. Diese Stellungnahme der JVA Kislau liegt mir bis heute - 17. Dezember 2016 - noch immer nicht vor. Mehrfach hatte ich die StVK gebeten, mir diese Stellungnahme in Kopie auszuhändigen bzw. zuzuschicken. Diese lückenhafte bis wohl falsche Stellungnahme von Kislau ist jedoch auch wichtig für meine Strafanzeigen und Dienstaufsichtsbeschwerde beim Justizminister. Deshalb habe ich gleich nach meiner Entlassung am 16. November 2016 einen Antrag auf Einsicht in die Vollstreckungsakten bei der zuständigen Staatsanwaltschaft Pforzheim - Strafvollstreckungsabteilung - gestellt. Mit Schriftsatz vom 24.11.2016 hat die Sachbearbeiterin mitgeteilt, dass sich die Hauptakte noch bei Gericht befindet. Nach einer Terminverbarung wird mir Akteneinsicht gewährt werden, sobald die Hauptakte wieder in Pforzheim ist. Roland gibt "Festessen" vom Ausgang Zwei Stunden war mein Zellengenosse beim Ausgang und hat für ein Festessen groß eingekauft. Er hat viel Gehacktes und Koteletts sowie Paprika und Gewürze eingekauft. In der kleinen Küche im Revierbau richtet Roland das Festmahl an. Der Revier-Schänzer "Manu" erhebt zwar Protest, aber wird von Roland, Messel und von meiner Person überstimmt. Dafür bekommt ER als "Strafe" auch nix ab. Es ist angerichtet: Mahlzeit !!! Super !!! Um 13:10 Uhr kommt eine Durchsage über die Sprechanlage. Der Zugang hat Kraftsport im Kraftraum. Mein Antrag wurde noch nicht genehmigt und wird bis zur Verlegung am 27. Juni nach Bruchsal auch nicht mehr genehmigt werden. Den unteren Kraftraum werde ich also nicht zu Gesicht bekommen, obwohl mir dieser Sport von meinem Hausarzt verordnet wurde:
Um 15:30 Uhr kommt die Durchsage zur Teilnahme am Fußball. Dazu benötigt man keine Sportkarte. Ich schaue durch das Fenster der Revierzelle und sehe ganze fünf Gefangene. Zu meinem Schutz werde ich kein Fußball spielen.
(Im Hintergrund befindet sich der Revierbau) Am Abend kommt wieder Messel auf unsere Zelle 301. Er erklärt uns, was im Knast ein "Oligopol" ist. Mehrere Oligopolisten vertickern Tabak an "hilfsbedürftige" Gefangene. Kurz vor dem regulären Einkauf steigen die Preise auf das Doppelte oder sogar Dreifache an. Die Nachfrage und das Angebot bestimmen also die Preise. Der Zugang hat in der Regel nach wenigen Tagen nix mehr auf der Zelle. Nun bin ich zwar offziell noch beim Zugang, aber liege im Revierbau. Roland und ich beschließen, uns auf einen Deal einzulassen. Weil Roland die köstliche Mahlzeit spendiert hat werde ich die Tabak-Kosten übernehmen. Fortan werden wir fast immer über ausreichend Tabak verfügen können. Auch der Besuch von Roland/Einkäufe Ausgang und von mir wird die zulässigen zwei Päckchen Tabak mitbringen. Im Übrigen sind Tabak-Besitzer im Knast sehr beliebt. Bei meinem pädophile Bekanntheitsgrad ist DAS nicht ganz unwichtig. Der Tag vergeht und um rund 1 Uhr in der Nacht werden wir Beide wohl eingeschlafen sein. Roland läßt immer den TV laufen - ich muss den Kasten immer ausschalten. Morgen werde ich gleich sieben Briefe von meinen Freunden "Draußen" erhalten..... Tagebuch einer Gefangenschaft: 5. Tag, Sonntag, den 22. Mai 2016, in der JVA Bruchsal - Außenstelle Kislau - im angeblich "offenen Vollzug" |
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geschrieben von K13online am 17.12.2016 - ID: 1220 - 1639 mal gelesen |
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