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Text - Netzwerk (Engelmann BL-Roman) |
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Rezension: Netzwerk |
von DieterGieseking am 10.04.2003 |
Welcher Pädophiler hat nicht schon mal in seiner ohnmächtigen Wut davon geträumt ein Sittendezernat, eine Staatsanwaltschaft, ein Gericht, eine hetzerische Fernsehanstalt, oder die Schmierfinkenpresse etc... in die Luft zu sprengen. Dieser Traum wird in diesem utopischen, aber teilweise doch autobiografischen Roman, in Engelmanns(Pseudo) zweiten Werk zumindest in Buchform zur Wirklichkeit. Das "Netzwerk" deponiert eine Bombe in einer Aservatenkammer der Kripo und läßt Beweismittel in Rauch und Asche aufgehen. Die launige Episode wirft aber eine sehr ernste Frage auf: Wieviel Gewalt kann ein Mensch ertragen bis er nur noch diesen Ausweg sieht? Nämlich, zurückzuschlagen! In Zeiten in denen die wichtigsten Grundrechte für Pädophile nicht mehr gelten: Die Würde des Menschen ist unantastbar - Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit - Niemand darf einer erniedrigenden Strafe oder Behandlung unterworfen werden - Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich - Jeder hat das Recht auf Gedanken- Meinungs- Informations- und Versammlungsfreiheit. In der heutigen Zeit, in der ungestraft für eine Sonderbehandlung einer sexuellen Minderheit aufgerufen werden darf, stellt sich diese Frage dringender, denn je zuvor. Es gilt heute als weitgehend unumstritten, dass die RAF der Siebziger-Jahre, eine Reaktion der damaligen Fehlentwicklungen in der Gesellschaft war. Engagierte -und bis dahin pazifistische- Menschen sahen in ihrer Verzweiflung nur noch diese Möglichkeit, das Land mit Todesschüssen und Bomben zu überziehen. Braucht die Gesellschaft, der Staat mit seiner Justiz, die Politik... wirklich Pädophilie, die alle denen das zurückgeben, was sie von ihr empfangen haben? Ich hoffe, nein! Wenn Pädophile aber weiterhin, meist mit illegalen Methoden, mundtot gehalten werden, befürchte ich, dass genau dieses eintreten wird. Warum gibt es keine bundesweite Pädophilenzeitschrift? Warum können Pädophile keine öffentlichen Räume für Veranstaltungen und Podiumsdiskussionen anmieten? Warum trauen sich Sexualwissenschaftler mit ihren empirischen Studien über Pädophile nicht mehr an die Öffentlichkeit ?
Daher muß dieses Buch als Warnung -nicht als Drohung- verstanden werden. Es ist der erste Ausdruck einer sich leise vollziehenden Veränderung. Ich glaube nicht, dass der Autor nur einen Fantasieroman verfassen wollte. Dafür ist der Inhalt zu realistisch. Ich denke eher, er hat eine vorhandene Stimmung gespürt, und diese intuitiv zu Papier gebracht. Trotzdem ist dieses Buch kein apokalyptisches Werk geworden. Der Leser erlebt zum Einen mit dem Protagonisten Bolhagen alle Höhen und Tiefen einer pädophilen Existenz. Und zum Anderen die Leiden und Freuden des Flüchtlingskindes IVO. Als besonders gelungen muß hervorgehoben werden, dass der Autor Pädophile so beschreibt, wie sie sind. Pädophile sind keine besseren Menschen, sondern sind einfach nur Menschen, wie DU und Ich, mit Fehlern und Stärken. Soviel Selbsteinsicht wünscht man sich auch auf der Seite der selbsternannten "Kinderschützer". Ergänzt werden die beiden Lebensgeschichten durch eine kritische Betrachtung der Gesellschaft. Deutschland gilt als eines der kinderfeindlichsten Länder auf dieser Welt. Liegt es daran, dass es auch hier einige Pädophilie gibt? Oder liegt es daran, dass hierzulande ständig die Interessen der Kinder mißachtet werden, insbesondere das Recht auf die sexuelle Selbstbestimmung? Während die Regierung Kohl auf der einen Seite neue Gesetze schaffte, bzw. bestehende Gesetze verschärfte, um Pädophile in Zukunft noch besser terrorisieren zu können und sich so als die "wahren Kinderfreunde" darzustellen, bekam die gleiche Regierung auf der anderen Seite eine kräftige Ohrfeige vom Bundesverfassungsgericht für die von ihr geschaffenen Gesetze, die die Familien mit Kindern in verfassungswidriger Weise steuerlich benachteiligte. Oder, um es mit anderen Worten zu formulieren:
Die Regierung der "Kinderfreunde" hatte nicht die geringsten Skrupel Verfassungsrecht zu brechen, um Kindern die Butter vom Brot zu stehlen. Muß soviel Verlogenheit wachsame Menschen nicht in die Verzweiflung treiben. Daher sei dieses zweite Literaturwerk von Nils Engelmann allen pädophilen und nichtpädophilen Lesern, die sich Sorgen machen wohin unsere Gesellschaft steuert, mit Kinder- und Erwachsenenaugen ans Herz gelegt. In der Hoffnung, dass Bomben weiterhin nur in diesem Buch explodieren und nicht zur Realität werden.
Heinz Krüger
Trier, im Dezember 2000
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