Tagebuch einer Gefangenschaft: 47. Tag, Sonntag, den 3. Juli 2016, in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
Nach Aufschluss um 7:30 Uhr gehe ich zum 1. Mal in Bruchsal duschen. Der Gemeinschaftsduschraum auf allen drei Ebenen liegt am Ende des Ganges schräg gegenüber dem Dienstzimmer der Beamten. Der Raum hat die vier Duschen, die nicht getrennt sind und damit frei zugänglich. Der Gefangene meiner Zelle gegenüber geht jeden Morgen zum Duschen und ist auch am heutigen Sonntag da. Es bleibt ruhig. Danach werfe ich meine Briefe in den gelben Postkasten auf der 1. Ebene ein. Während des Aufschlusses bis zum Mittagessen lasse ich mal versuchsweise meine Zellentür offen. In der Zelle befindet sich an der rechten Wand hinter der durch eine Trennwand abgetrennte Toilette ein Waschbecken mit einem Spiegel. Am Wasserhahn befindet sich ein Gummi-Schlauch, der mir kaputt geht. Wenn man die Zelle betritt, dann befindet sich gleich links an der Wand ein Kleiderschrank mit mehreren Regalen drin. Im Anschluss sind auf dem unteren Bild zwei offene Regale zu sehen. Dort habe ich meinen Einkauf gut sichtbar aufgebaut. Vor diesem Regel mit den wenigen Dingen werde ich bis Strafende oft stehen und mir die Leere anschauen. Auch mein Essgeschirr und Tablette steht dort. Dahinter kann man auf dem unteren Bild eine Pinnwand aus Holz an der linken Wand erkennen. Die Pinnwand ist für Bilder und Fotos und Handzettel usw. vorgesehen, wird aber bei mir fast leer bleiben. Ich möchte mich nicht so einrichten, als wenn ich hier zuhause wäre. Wenn man eine Blick nach draußen werfen will, dann muss man sich auf den Tisch und auf den Heizkörper stellen. Allerdings kann man durch das kleine Fenster nur den Knast sehen und das lohnt sich nun wirklich nicht. In der Zelle gibt es nur einen Stuhl. Wenn also mal Besuch kommt, dann muss eine Person auf dem Bett sitzen. Über dem Tisch befindet sich auch noch ein kleines Regal, worauf das TV/Radio Gerät steht. Mit dem TV-Gerät kann man über 110 Sender weltweit empfangen. Im TV-Gerät ist auch die Hausordnung der JVA Bruchsal als Text einsehbar. Im Vergleich zu den anderen drei Flügeln sind alle Hafträume im 4. Flügel renoviert worden und damit niemlich "modern" und neu eingerichtet.
(Haftraum 4226 im 4. Flügel der JVA Bruchsal)
Um 14 Uhr bei Aufschluss lasse ich meine Zellentür wieder geöffnet. Damit die Tür nicht von anderen Gefangenen ungewollt zugeschlagen werden kann besteht die Möglichkeit, die Tür mit einem Handtuch zwischen Türrahmen und Tür geöffnet zu halten. Viele Gefangene machen das so. Das bekommt eine spezielle Beamten mit und wirft mir das Handtuch durch die Zelle aufs Bett und sagt: Sie NICHT.
ALARM-Signal im 4. Flügel
Um circa 16 Uhr schallt ein lautes ALARM-Signal durch den 4. Flügel. Der diensthabende Beamte auf meiner 2. Ebene rennt von Zelle zu Zelle und verschließt alle Türen im Eiltempo. Genau in diesem Moment steht der Mitgefangene "Peter K." vor meiner Zelle und wollte mich gerade besuchen kommen. Der Beamte stößt Ihn in meinen Haftraum und verschließt die Zelle. Auf diese erzwungene Weise kann man sich natürlich auch näher kennenlernen. Wir kommen ins Gespräch. Ich erkläre "Peter K.", dass ich eigentlich für mich allein bleiben möchte. Er erzählt mir, dass er schon 14 Jahre im Knast ist. Wir unterhalten uns über die täglichen Abläufe, die mir ja noch nicht so bekannt sind. Im 4. Flügel sollen sich viele Gefangenen befinden, weil sie die Sicherungsverwahrung(SV) verhindern wollen. "Ich aber nicht", sage ich. Er hat keinen TV auf seiner Zelle. Er bekommt nur 37,00 Euro Taschengeld im Monat, weil er keine Arbeit mehr hat. Er ist Nicht-Raucher. Nach einiger Zeit bietet ich Ihm einen Platz auf dem Bett an. Dann unterhalten wir uns über den Alarm. Er vermutet, dass es in einem anderen Flügel zu einem Vorfall gekommen ist. Der dortige Beamte hat Alarm ausgelöst und weil die Flügel am Wochenende nur mit einem Beamten je Ebene besetzt sind hat ER Verstärkung von allen Flügeln angefordert. Klingt logisch! Um 16:45 Uhr wird der Alarm aufgehoben und alle Zellentüren wieder geöffnet. Morgen wird mir "Peter K." erzählen, was vorgefallen ist. Schließlich kennt ER sich nach schon 14 Jahren Knast gut aus.
Die Ausgabe des Abendessen findet heute erst um 17 Uhr statt. Am Abend schreibe ich wieder zahlreiche Briefe an Freunde, höre Radio SWR4 und danach schaue ich wieder Fußball im TV...
Tagebuch einer Gefangenschaft: 46. Tag, Samstag, den 2. Juli 2016, in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug
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