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Text - Beck-Blog-Artikel vom 30.03.2009 |
Kausalität von Hyperlinks und die Blogger - ein Beschluss des LG Karlsruhe löst Entrüstung aus
Experte: Prof. Dr. Henning Ernst Müller vom 30.03.2009
Das LG Karlsruhe hatte über die Rechtmäßigkeit einer Durchsuchung bei einem Blogger zu entscheiden, den die Staatsanwaltschaft wegen der Verlinkung auf eine Seite, bei der wiederum kinderpornographische Inhalte verlinkt seien, des Besitzes von Kinderpornographie (zumindest in seinem cache) verdächtigte.
Das AG Pforzheim hatte die Durchsuchung angeordnet, das LG Karlsruhe bestätigte die Rechtmäßigkeit, allerdings ergänzt um die Erwägung, der Blogger könne auch wegen Teilnahme am Zugänglichmachen von Kinderpornographie tatverdächtig sein.
Um diese Verdächtigung plausibel zumachen, verwies das LG Karlsruhe zunächst darauf, dass auch ein indirekter Link „kausal" für ein Zugänglichmachen sei. Dass der Tatbeitrag zuerst kausal sein muss, ist, Strafrechtler wissen das, eine Banalität. Dass dies bei einer juristischen Prüfung an erster Stelle steht, ist selbstverständlich, heißt aber noch nicht viel (ebenso ist es kausal, wenn ich einem späteren Mörder ein Messer verkaufe, einer Beihilfe verdächtig bin ich deshalb noch nicht, anders aber, wenn es Hinweise darauf gibt, dass ich wusste, wofür das Messer verwendet werden sollte) Es ist nun einmal eine banale Tatsache, dass der Link auch kausal für ein Zugänglichmachen ist - zumindest Förderungskausalität i.S.d. § 27 StGB, wenn er um zwei Ecken geht. Ebenso banal aber ist es, dass Kausalität allein noch keine Strafbarkeit begründet.
Die Blogger, die das Urteil heute zuerst zitierten, sind Juristen, siehe hier und hier. Sie kennen die Bedeutung der Kausalität aus der Vorlesung, dennoch hoben sie den Satz des LG Karlsruhe so hervor (und zitierten ihn als einzigen), dass der nicht juristisch gebildete Leser annehmen konnte, ja musste, das LG Karlsruhe hielte nun alle Blogger wegen eines (zufälligen) indirekten Links auf eine KiPo-Seite für strafbar. Mit diesem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat - einer (bewussten?) Unterstellung - haben diese Lawblogger heute einen kleinen Sturm ausgelöst. Bei heise etwa gab es hunderte empörte Antworten aufgrund der Unterstellung, das LG Karlsruhe erkläre damit das linkbasierte Bloggen oder gleich das gesamte Internet für strafbar etc. pp. Schließlich verknüpften Hyperlinks das gesamte Internet über ein paar Ecken miteinander.
Der Beschluss des LG Karlsruhe ist problematisch, aber nicht wegen der Kausalitätsäußerung, die ja durch die darauf folgenden Erwägungen zum konkreten Fall (insbesondere dazu, dass der Blogger sich den inhalt der Seiten möglicherweise zu-Eigen-gemacht habe) eingeschränkt wird, sondern aus zwei anderen Gründen:
In objektiver Hinsicht wird aus dem Beschluss nicht klar, ob es sich nicht doch tatsächlich um einen direkten Link auf kinderpornographisches Material handelt. Unklar bleibt z. B., was das Gericht mit „Sprungmarke" bezeichnet und ob es überhaupt zutrifft, dass hier eine solche Sprungmarke gesetzt wurde. Möglicherweise haben die Richter nicht verstanden, was da genau verlinkt wurde. Jedenfalls klingt es so, als hielten sie es doch für eine direkte Verlinkung auf kinderpornographisches Material - fehlte hier Sachverstand oder Sachaufklärung?
Problematisch ist aber vor allem, wenn hierdurch Eindruck erzeugt wird, als solle schon die Diskussion über Sperrlisten (auch darüber, ob nicht viele der gesperrten Seiten frei von KiPo seien) unterdrückt werden. Wird hier evtl. von den Strafverfolgungsbehörden die Durchsuchungsdrohung missbraucht, um indirekt Zensur zu üben? Jedenfalls liest sich der anordnende Beschluss des AG Pforzheim so. Es ist gerade die Funktion der gerichtlichen Überprüfung durch das LG, hier genau(er) hinzuschauen. Aus dem Beschluss geht eine andere Tendenz hervor.
Quelle:
http://blog.beck.de/2009/03/30/kausalitaet-von-hyperlinks-und-die-blogger-ein-beschluss-des-lg-karlsruhe-loest-entruestung-aus
(Lesen Sie dazu auch die dortigen Rechtskommentare im obigen Link)
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