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Text - Tagebuch einer Gefangenschaft: 44. + 45. Tag

Tagebuch einer Gefangenschaft: 44. Tag, Donnerstag, den 30. Juni 2016, in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug

Gestern hatte ich mich für einen Arztbesuch im Krankenrevier angemeldet. Heute am Morgen kommt ein Beamter auf meine Zelle und holt mich ab. Mit anderen Gefangenen werden wir über die Gänge in die Katakomben zum Revier gebracht. Der dortige Flur ist gleichzeitig auch das "Wartezimmer". Beim Warten ist kein Beamter dabei. In meiner Situation ist diese Gegegenheit nicht gerade vorteilhaft. Beim Betreten des Arztzimmers erwartet mich der gleiche Arzt, der auch bei meiner Aufnahmeuntersuchung dabei war. Vor lauter Aufregung am Verlegungstag hatte ich ganz vergessen, den Arzt auf meinen Bluterguss am linken Bein/Kniekehle hinzuweisen. Ich bitte Ihn, mir doch eine ärztliche Bescheinigung darüber auszustellen, damit ich etwas in der Hand habe, denn der Bluterguss wird bald wieder verschwunden sein. Das Arzt erklärt mir, dass dies nur gegenüber der Polizei bzw. Staatsanwaltschaft möglich ist. Ich soll mich an die Polizei in Bruchsal wenden. Gleichzeitig schüchtert er mich bei einer Strafanzeige ein und erklärt mir, dann ich hoffen und aufpassen soll, dass kein Gefangener aus Kislau auch nach hier verlegt wird. Das hat Wirkung - ich werde diese Anzeige erst nach meiner Entlassung erstatten. Retourkuschen wären sonst die Folge gewesen. Denn es werden in den nächsten Tagen gleich zwei Kislauer Gefangene nach Bruchsal auf den 4. Flügel verlegt werden, die an diesen Angriffen indirekt oder direkt beteiligt waren.

Um etwa 10 Uhr gibt es die 1. Zellenkontrolle in meinem Haftraum 4226. Der Beamte schaut allerdings nur flüchtig durch den Raum und ist nach ein, zwei Minuten schon mit seiner Arbeit fertig. Bis Strafende wird es mehrfach die Woche solche kurzen Zellenkontrollen geben, die alle nicht beanstandet wurden. In der JVA Kislau gab es solche Kontrollen nicht. Meinen TV/Radio-Vertrag soll ich am morgigen Freitag erhalten. Auch meine Privatwäsche soll ich dann aus der Kammer abholen können.

Beim Aufschluss um 15 Uhr erkenne ich den Kislauer Gefangenen "Cemil" aus der damaligen Zugangszelle für Nicht-Raucher. Er liegt jetzt einige Zellen weiter zum Dienstzimmer der Beamten. "Cemil" hatte mich damals direkt und durchaus vernünftig gefragt, ob die Gerüchte um meine Person stimmen würden. Ihm gegenüber und leider auch den anderen Zelleninstassen 118 hatte ich mich damals geoutet gehabt. Die Folgen sind auf diesen Webseiten dokumentiert. "Cemil" war aber nur indirekt an den Angriffen beteiltigt gewesen. Dennoch hat ER ein sogenanntes "doppeltes Spiel" betrieben. Mir persönliche gegenüber war er weiterhin wohlwollend, aber bei meiner Abwesenheit hat auch er sich der Knasthierarchie angepasst und mitgemacht. Deshalb entschließe ich mich, Ihn völlig zu ignorieren. Natürlich hat auch ER mich aus Kislau sofort erkannt. Es wird demnächst noch zu unangenehmen Begegnungen mit "Cemil" kommen, die sich in einer Zwangsgemeinschaft Knast nicht verhindern lassen.

Auch heute gehe ich nicht zum Hofgang, denn die Anstaltskleider sind im Grunde nicht tragbar. Ich will auch im Knast auf mein äußeres Erscheinungsbild wenigsten etwas Wert legen. Während der Aufschlusszeit kommt auch erstmals ein Gefangener an meine Zelle und fragt mich, ob ich eine Geldstrafe erhalten habe und deshalb im Knast bin. Ich antworte Ihm ausweichend. Es ist der Gefangene "Peter K." auf der 3. Ebene im 4. Flügel. Mit Ihm wird es demnächst eine weitere Begegnung geben, die sich im Laufe der nächsten Tage sehr positiv entwickeln wird. "Peter K." wird der einzige Gefangene in Bruchsal werden, mit dem ich eine tägliche Knastbekanntschaft aufbaue. Später wird noch ein weiterer Gefangener hinzu kommen, der auf der Zelle 4310 liegt. Mit Beiden werde ich nach meiner Entlassung eine Brieffreundschaft beginnen. Damit wird auch meine persönliche Gefangenenhilfe wieder NEU belebt werden.

Bisher habe ich in Bruchsal noch keine Briefe von meinen Freunden "Draußen" erhalten. Die Post soll aber von Kislau nach hier weiter geleitet werden. Wie an jedem 2. Tag beginnen die Freizeitgruppen der anderen Gefangenen um 16:45 Uhr nach dem Abendessen und dauern bis 19:30 Uhr. Für die anderen Gefangenen ohne Freizeit bleiben die Zellentüren verschlossen. Auch heute hatte ich meine Zellentür eigenständig durch das Betätigen des Hebels nach oben heran gezogen und damit verschlossen. Somit kann niemand mehr in meine Zelle kommen, und ich habe meine vollständige Ruhe. Um 19:30 Uhr kommt ein Beamter kurz zu meiner Zelle, öffnet und verschließt sofort wieder, und sagt Tschüss. Die Nachtruhe hat begonnen..

Tagebuch einer Gefangenschaft: 445 Tag, Freitag, den 1. Juli 2016, in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug

Um 6 Uhr morgens herrscht im 4. Flügel reger Betrieb. Die Gefangenen geben Ihre Privatwäsche in einem Netz in die Anstaltswäscherei. Andere Gefangene gehen Duschen in die Gemeinschaftsdusche auf den 3. Ebenen. Der Hilfsschänzer von gegenüber murmelt was von "Homo" in seinen nicht vorhandenen Bart. Der Beamte für die Ausgabe des TV/Radio ist heute da. Ich gehe zum Dienstzimmer und unterschreibe den Mietvertrag für 16,40 Euro im Monat. Der Betrag wird von meinem SG1 automatisch einbehalten. Beim Anschluss des TV-Radio Gerätes und der Einstellung der Programme ich mir ein Gefangener behilflich. Um 14 Uhr holt mich ein Beamter in die Kleiderkammer ab - und ich erhalte endlich meine ganze Privatkleidung mit allen Dokumenten und mein Tagebuch ausgehändigt. Mit dem Einräumen und Einrichten meiner Zelle bin ich nun erst einmal beschäftigt. Und ich kann mit meinen Briefmarken endlich wieder Briefe an meine Freunde schreiben. Denn mit Ausnahme von "Martin S." und "Frank Z." und "Klaus G." und wenigen weiteren Freunden wissen die anderen Briefkontakte noch nichts von meiner Verlegung nach Bruchsal. Am Abend schaue ich erstmals TV in meiner "neuen "Zeitheimat" der Zelle 4226...


Tagebuch einer Gefangenschaft: 43. Tag, Mittwoch, den 29. Juni 2016, in der JVA Bruchsal im geschlossenen Vollzug

http://krumme13.org/text.php?id=1248&s=read

geschrieben am 07.03.2017
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Autor K13online
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