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Text - Jungenhymnen (Erzählungen-Knoppka) |
Reinhard Knoppka Jungenhymnen 18 Erzählungen mit Jungen 234 Seiten Trotz-Verlag Köln 2013 ISBN 978-1-291-68095-9 Preis 16,00 Euro Dieses blasse Gesicht mit den zuckenden Muskeln, als beiße Rüdiger die Zähne zusammen. Er schien total verkrampft zu sein, was mich vorsichtig machte. Ich traute mich nicht, ihn zu berühren, obwohl ich mich so danach sehnte, daß ich, gestützt auf einen Ellbogen, zu zittern begann, wobei auch der Wagen vibrierte. Der Regen rann in gefächerten Katarakten die Scheiben herab und verschleierte sie gleichsam von außen, während sie von innen beschlugen. Wir waren ganz unter uns, geschützt im warmen Mief feuchter Klamotten, was mich an ein verregnetes Ferienlager erinnerte, in dem ich trotzdem glücklich gewesen war, weil ich neben meinem heimlichen Schwarm im selben Zelt gelegen hatte, Seite an Seite wie jetzt mit Rüdiger, der mich aus spaltbreit geöffneten Lidern beobachtete, durch seine langen Wimpern hindurch. Es flimmerte mir vor Augen, als hätte ich eine Kreislaufschwäche, ja, mir brach plötzlich der Ellbogen weg, und ich schlug neben Rüdiger hin, der meine Hand ergriff und sie bei sich unters Hemd schob. Ich spürte die samtweiche Haut mit dem Bauchnabel, fuhr über Gürtel und Reißverschlußsteg, von wo aus der Jeansstoff Falten zu den angezogenen Schenkeln warf, die meine Hand plötzlich einklemmten, und Rüdiger fragte, ob ich zweihundert Mark hätte. Ich zog abrupt die Hand zurück, setzte mich auf und erklärte, wir müßten zurück. Schweigen während der Fahrt. Am Chlodwigplatz sprang er hinaus, als ich an einer Ampel halten mußte. Ich schaltete den Warnblinker ein, stieß die Wagentür auf und packte an meine Gesäßtasche, um ihm zu geben, was ich dabei hatte – doch das Portemonnaie war weg.
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(Ersteinstellung am 13. Januar 2014 - aktualisiert am 24. Februar 2016
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