"Ich fürchte nicht die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern die Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten" - Theodor Adorno
Weiteres Gesetzgebungsverfahren zum neuen Sexualstrafrecht: Gesetzentwurf der Bundesregierung wird am 6. November 2014 in erster Lesung ohne Aussprache in den Bundestag eingebracht
02.11.2014
Stellungnahme des Bundesrates: Die Herausforderung besteht aus Sicht des Bundesrates darin, die Neuregelung der §§ 184b, 184c, 201a StGB-E mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtssicher auszugestalten
Die Fraktionsinitiative(CDU/CSU & SPD) mit der BT-Drucksachennummer 18/2601 wurde bereits am 25. September 2014 in erster Lesung im Deutschen Bundestag beraten und in den Rechtsausschuss verwiesen. Am 13. Oktober 2014 fand bereits eine Anhörung von sieben Sachverständigen statt. Der Bundesrat hatte zuvor am 10. Oktober eine Stellungnahme(BR-Drucksache 422/14) an die Bundesregierung abgegeben. Das Bundeskabinett wird sich voraussichtlich am heutigen 22. Oktober mit einer Gegenäußerung befassen. Der textidentische Gesetzentwurf der Bundesregierung wird ohne erneute Aussprache am 6. November 2014 in den Deutschen Bundestag eingebracht. Im Rahmen der Zuständigkeit haben die Bürgerinnen und Bürger nach Artikel 17 GG das Recht, Bitten und Beschwerden an die zuständige Stelle zu richten. Die K13online Redaktion hat am 21. Oktober 2014 über die Webseite des Bundestages eine öffentliche Petition gegen eine weitere Verschärfung im Sexualstrafrecht eingereicht. Sobald uns das Aktenzeichen vorliegt, werden wir in einem aktuellen News ausführlich darüber berichten...
K13online-Anfrage beim Bundesrat zum weiteren Gesetzgebungsverfahren: EMail-Antwort & Auskunft des Bundesrates hier:
Sehr geehrter Herr Gieseking,
erlauben Sie mir ergänzend zu meiner gestrigen Antwort noch einige Hinweise zum Gesetzgebungsverfahren:
Der "Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches - Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht" wurde in textidentischer Form parallel als Gesetzentwurf der Bundesregierung beim Bundesrat und als Initiative der Fraktionen von CDU/CSU und SPD beim Deutschen Bundestag eingebracht. Es handelt sich hierbei um zwei organisatorisch getrennte Gesetzgebungsverfahren, die jedoch das gleiche inhaltliche Ziel verfolgen. Durch diesen gesetzgeberischen Verfahrenstrick wird eine Beschleunigung erreicht, da sich der Deutsche Bundestag und der Bundesrat gleichzeitig mit der Vorlage befassen können.
Die Fraktionsinitiative mit der BT-Drucksachennummer 18/2601 wurde bereits am 25. September 2014 in erster Lesung im Deutschen Bundestag beraten. Die Regierungsinitiative mit der BR-Drucksachennummer 422/14 wurde – wie bereits erwähnt – am 10. Oktober 2014 im Bundesrat beraten. Da der Bundesrat zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen hat, wird die Bundesregierung ihre Auffassung hierzu in einer Gegenäußerung darlegen. Das Bundeskabinett wird sich voraussichtlich in der morgigen Sitzung mit der Gegenäußerung befassen. Danach wird dies dem Deutschen Bundestag zugeleitet, der seine erste Lesung hierzu bereits für den 6. November 2014 avisiert hat. Der Deutsche Bundestag wird den Gesetzentwurf, die Stellungnahme des Bundesrates und die Gegenäußerung der Bundesregierung in einer neuen BT-Drucksache herausgeben. Alle erforderlichen Drucksachen zu den beiden Verfahren können Sie im Dokumentations- und Informationssystem von Bundestag und Bundesrat unter Eingabe der Drucksachennummern 422/14 und 18/2601 recherchieren: http://dipbt.bundestag.de/dip21.web/bt
Da die inhaltliche Beratung des textidentischen Gesetzentwurfs der Fraktionsinitiative im Rahmen der ersten Lesung bereits erfolgt ist, ist für die erste Lesung der Regierungsinitiative am 6. November 2014 keine Aussprache vorgesehen.
Ob und wann der Deutsche Bundestag abschließend über das Gesetz Beschluss fassen wird, vermag ich nicht zu beurteilen. Insofern müssten sie sich selbst die Mühe machen, die Tagesordnungen der betroffenen Ausschüsse von Bundestag und Bundesrat sowie die Plenartagesordnungen der beiden Häuser zu recherchieren, um auf aktuellem Stand zu bleiben. Der Bundesrat hat in seinem zweiten Durchgang die Möglichkeit, zu einem nicht-zustimmungsbedürftigen Gesetz den Vermittlungsausschuss anzurufen und dort auf eine Änderung in seinem Sinne hinzuwirken. Derzeit ist nicht erkennbar, dass entsprechende politische Mehrheiten zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses bei dem in Rede stehenden Gesetzen erreicht werden.
Die Bevölkerung hat nur geringe Möglichkeiten, über den Bundesrat eine Änderung an beabsichtigten gesetzlichen Regelungen herbeizuführen. Nach Artikel 50 GG wirken durch den Bundesrat die Länder in Gestalt der Landesregierungen an der Gesetzgebung des Bundes mit. Im Rahmen dieser Zuständigkeit haben die Bürgerinnen und Bürger nach Artikel 17 GG das Recht, Bitten und Beschwerden an die zuständige Stelle zu richten. Sobald der zweite Durchgang im Bundesrat durch Zuleitung des Gesetzesbeschlusses eröffnet ist, können Sie mir Ihre Bedenken gegen das Gesetz erneut mitteilen. Diese werde ich dann an die beratenden Ausschüsse bzw. an die Länder weiterleiten, damit diese Ihre Auffassung bei ihrem Votum im Bundesrat berücksichtigen können....
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag des Bundesrates
K13online Anmerkungen
Gegen den vorliegenden Gesetzentwurf wurde am 21. Oktober 2014 eine Online-Petition an den Deutschen Bundestag eingereicht. In absehbarer Zeit werden wir darüber in einem weiteren News ausführlich berichten. Sofern der Deutsche Bundestag den verfassungswidrigen Gesetzentwurf nicht auf der Grundlage des GG ändern sollte und damit ein verfassungswidriges Gesetz verabschiedet wird, werden wir uns erneut mit einer Eingabe an den Bundesrat wenden. Sollte auch der Bundesrat der Verfassungswidrigkeit keine Abhilfe schaffen, dann werden wir uns vor der Unterzeichnung des Gesetzes an den Bundespräsidenten wenden. Sofern auch der Bundespräsident ein verfassungswidriges Gesetz in Kraft treten läßt, werden wir eine Initiative für eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht gründen...
Auszüge der Stellungnahme des Bundesrates an die Bundesregierung vom 10. Oktober 2014(BR-Drucksache 422/14)
2. Zu Artikel 1 Nummer 14 (§ 184b und § 184c StGB), Nummer 18 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb (§ 201a Absatz 1 StGB)
Der Bundesrat bittet, im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, ob die in dem Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen dem Bestimmtheitsgebot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.
Begründung:
Der Bundesrat begrüßt ausdrücklich die hinter den Regelungen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (§§ 184b und 184c sowie § 201a Absatz 1 StGB)stehende Intention, das Strafrecht im Bereich der Kinderpornografie angemessen zu verschärfen. Die Herausforderung besteht aus Sicht des Bundesrates darin, die Neuregelung der §§ 184b, 184c, 201a StGB-E mit Blick auf das Bestimmtheitsgebot und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtssicher auszugestalten. Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die nachfolgenden Aspekte ergänzend zu prüfen:
Einer näheren Überprüfung bedarf die Formulierung der "unnatürlich geschlechtsbetonten Körperhaltung" insbesondere darauf, ob sie den verfassungsrechtlichen Vorgaben, die aus dem Bestimmtheitsgebot für Strafgesetze folgen, entspricht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um eine aus dem Jugendschutzgesetz (§ 15 Absatz 2 Nummer 4 JuSchG) übernommene Formulierung handelt. Strafvorschriften unterliegen mit Blick auf den Bestimmtheitsgrundsatz höheren, sich aus Artikel 103 Absatz 2 GG ergebenden Anforderungen als andere Normen.
Ähnliches dürfte hinsichtlich des Bestimmtheitsgrundsatzes für die vorgesehene Regelung in § 201a Absatz 1 StGB-E gelten, wonach bestraft wird, "wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, oder unbefugt eine Bildaufnahme von einer unbekleideten anderen Person herstellt oder überträgt". Dieser Straftatbestand sollte vor dem Hintergrund des Artikels 20 Absatz 3 GG (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit) dahin gehend überprüft werden, dass mit dem Mittel des Strafrechts nur Handlungsweisen erfasst werden,
die sozial inadäquat sind.
Plenarsitzung des Bundesrates mit Stellungnahmen zu den Plänen der Bundesregierung zur Verschärfung des Sexualstrafrechts am 10. Oktober 2014 - vom 11.10.2014 Der Bundesrat bittet im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens genau zu prüfen, ob die vorgesehenen Regelungen dem durch die Verfassung vorgegebenen Bestimmtheitsgebot und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen
Der Bundesrat debattierte über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur erneuten Verschärfung im Sexualstrafrecht. Der Sächsische Staatsminister der Justiz und für Europa, Dr. Jürgen Martens(FDP), machte deutlich, dass die vorgesehenen Regelungen das Bestimmtheitsgebot des Grundgesetzes verletzen. Damit sind die unbestimmten Rechtsbegriffe in den §§ 184b und 184c sowie 201a StGB gemeint. Ebenso wies die Hessische Staatsministerin & Ministerin der Justiz, Eva Kühne-Hörmann(CDU), auf diese Grundrechtsverletzungen hin. Dem Bayerischer Staatsminister der Justiz, Prof. Dr. Winfried Bausback(CSU), sind diese Eingriffe in den Schutzbereich des Grundgesetzes offensichtlich völlig gleichgültig. Alle geplanten Strafrechtsverschärfungen bedürfen allerdings nicht der Zustimmung des Bundesrates. Die Stellungnahmen des Bundesrates werden lediglich an die Bundesregierung zur Beratung weiter geleitet. Nach der Beschlussfassung des Bundesparlaments werden die neue Gesetze dem Bundesrat erneut zur Billigung vorzulegen, bevor es Bundespräsident Gauck ausfertigen und verkünden kann. Verfassungswidrige Gesetze dürfen das Bundesgesetzblatt nicht erreichen. Eine anwaltliche Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht zu der bestehenden Gesetzeslage wurde von K13online bereits eingereicht... http://krumme13.org/news.php?s=read&id=2913
u.v.a.m...
geschrieben
von K13online Redaktion [Druckansicht]