K13online im Interview mit Dr. Christoph Joseph Ahlers (Institut für Sexualpsychologie Berlin): Hebephilie ist für uns unverändert keine Störung der Sexualpräferenz

Dr. Ahlers: "Dass populistische Entdifferenzierung und diffamierende Diskriminierung das Produkt vieler Boulevard-Medien ist, können wir nicht beeinflussen und wohl nur schwer verändern"

K13online(Dieter Gieseking) hat nach dem 1. Interview im Jahre 2005 mit dem Sexualwissenschaftler und Klinischen Sexual­psychologen Dr. Christoph Joseph Ahlers ein weiteres Interview geführt. Darin wird auch eine kritische Haltung gegenüber dem "Präventionsprojekt Dunkelfeld - kein-taeter-werden.de" (PPD-KTW) deutlich, die ihren Ursprung im Jahre 2010 in einer fragwürdigen Vorlage aus Nordamerika zur "Hebephilie" analog zur "Pädophilie" als Störung der Sexualpräferenz definiert ist. Diese Kategorisierung widerspricht der ursprünglichen klinischen Konzeption und Evidenz von Magnus Hirschfeld, nach der "Hebephilie" als die sexuelle Ansprechbarkeit durch das jugendliche Stadium der körperlichen Geschlechtsreifeentwicklung definiert hat. K13online versteht bei der sexuellen Identität "Hebephilie" die Zuneigung zu Jugendlichen mit dem internationalen Begriff der "Teen-Boy-Lover(TBL). Dr. Ahlers ist jedoch nach 13 Jahren dabei geblieben, dass die Pädophilie(Boylove & Girllove) weiterhin als Störung der Sexualpräferenz anzusehen ist. In diesem wichtigen Punkt sind die Ansichten von Dr. Ahlers mit den Positionen & Zielsetzungen von K13online weiterhin nicht vereinbar. Wir stimmen jedoch mit Dr. Ahlers darin überein, dass sich jeder entscheiden kann, kein "Täter" zu werden. Und derjenige, der das schafft, egal ob mit oder ohne pädophiler Sexualpräferenz, verdient Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Integration. K13online geht aber darüber hinaus und fordert Gleiches für praktizierende Pädosexuelle. Übereinstimmung besteht auch bei den sogenannten Mainstream-Medien: Dass populistische Entdifferenzierung und diffamierende Diskriminierung das Produkt vieler Boulevard-Medien ist, können wir nicht beeinflussen und wohl nur schwer verändern. Auch K13online ist bei seiner Berichterstattung ständig bemüht, einen diesbezüglichen Paradigmenwechsel herbei zu führen. Lesen Sie das vollständige Interview mit Dr. Ahlers mit einem Klick auf weiterlesen....

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Gieseking: Sie gehören zu den Mitgründern des Präventionsnetzwerkes „Kein Täter werden(KTW)“ in Berlin im Jahre 2005. Inzwischen sind rund 13 Jahre vergangen und in dieser Zeit konnten neue Erkenntnis zur Pädophilie in den 11. bundesweiten Standorten gewonnen werden. Was hat sich nach Ihrer Ansicht geändert oder ist neu hinzu gekommen?

Ahlers: Zunächst einmal erachten wir den Umstand, dass das "Präventionsprojekt Dunkelfeld - kein-taeter-werden.de" (PPD-KTW), welches wir an der Berliner Charité im Jahre 2005 ins Leben gerufen haben, sich mittlerweile zu einem "Präventionsnetzwerk - Kein Täter werden (KTW)“ mit 12 Standorten im gesamten Bundesgebiet entwickelt hat, als großen Erfolg. 

Geändert hat sich ca. seit 2010, dass, aufgrund von fragwürdigen Vorlagen aus Nordamerika, "Hebephilie" analog zur "Pädophilie" als Störung der Sexualpräferenz definiert wurde. Diese Kategorisierung widerspricht der ursprünglichen klinischen Konzeption und Evidenz von Magnus Hirschfeld aus dem Jahre 1906, nach der "Hebephilie" als die sexuelle Ansprechbarkeit durch das jugendliche Stadium der körperlichen Geschlechtsreifeentwicklung definiert ist. 

Gemeint sind damit die Stadien der körperlichen Geschlechtsreifeentwicklung in der späten und nach der Pubertät, durch welche sekundäre Geschlechtsmerkmale äußerlich wahrnehmbar werden. Übersetzt in die später entstandenen Tanner-Stadien entspricht die eigentliche Konzeption der "Hebephilie" den Tanner-Stadien III - IV. 

Die sexuelle Ansprechbarkeit durch die äußerlich wahrnehmbare Entwicklung sekundärer Geschlechtsmerkmale (Figurveränderung durch Muskulatur bei Jungen und vor allem Brustentwicklung bei Mädchen etc.) ist eine sexualbiologisch programmierte und erwartbare Reaktion und entspricht damit nicht der Ausprägung einer "Störung der Sexualpräferenz." 

Ca. ab 2010 wurden, aufgrund fragwürdiger Vorlagen aus Nordamerika, im "Präventionsnetzwerke - Kein Täter werden (KTW)“ die Tanner-Stadien II + III - meines Erachtens fälschlicherweise - zusammengefasst und - ebenso unzulässig - mit dem Begriff "Hebephilie" versehen. 

Indem die Tanner-Stadien I + II die Kindheit und ggf. beginnende Frühpubertät abbilden, zählt die sexuelle Ansprechbarkeit auf diese beiden Ausprägungen zur diagnostischen Kategorie der Pädophilie und damit grundsätzlich zu den Störungen der Sexualpräferenz. Die Tanner-Stadien III + IV hingegen kennzeichnen den Status der körperlichen Geschlechtsreifeentwicklung in der späten und nach der Pubertät, durch welchen sekundäre Geschlechtsmerkmale äußerlich wahrnehmbar werden. Die sexuelle Ansprechbarkeit durch dieses Entwicklungsstadium beschreibt der Begriff "Hebephilie", der deswegen keine "Störung der Sexualpräferenz", sondern eine sexualbiologisch erwartbare Reaktion darstellt, die in allen „Naturvölkern“ den Zeitpunkt markiert, ab dem Verpartnerung und Fortpflanzung beginnt.

Durch die - in meinen Augen - diagnostische Fehlkonzeption (Zusammenfassung von Tanner II + III) unter der hierfür falschen Bezeichnung "Hebephilie", ist im "Präventionsnetzwerk - Kein Täter werden (KTW)“ eine Artfakt-Kategorie etabliert worden, die seitdem die am häufigsten vergebenen "Diagnose" darstellt. Bis ca. 2010 spielte die damals noch korrekt operationalisierte Kategorie "Hebephilie" hingegen so gut wie keine Rolle. 

Diese Veränderung stellt meines Erachtens eine Problematik für die resultierenden Ergebnisdaten des Gesamtprojektes dar, weil nicht mehr ersichtlich ist, welche Person eine Ansprechbarkeit für Tanner II hat (Pädophilie / Störung der Sexualpräferenz) und welche Person hingegen auf Tanner III reagiert, was zur Kategorie der Hebephilie zählte und damit keine krankheitswertige Ausprägung der Sexualpräferenz darstellt.

 

Gieseking: 2008 haben Sie Ihre Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie und 2010, gemeinsam mit Ihrem Kollegen Gerard A. Schaefer, das Institut für Sexualpsychologie in Berlin gegründet. Ihr Klientel besteht demnach nicht mehr nur aus Pädophilen, sondern auch aus Menschen mit einer anderen sexuellen Identität/Präferenz. Mit welchem Therapiekonzept bieten Sie auch heute noch den Pädophilen Hilfestellungen an?

Ahlers: Unsere Patienten bestanden niemals nur aus Pädophilen, sondern wir haben, auch schon an der Charité, das gesamte Spektrum sexueller Störungen untersucht und behandelt. Unsere Therapiekonzept entspricht unverändert dem, welches wir im Rahmen der Gründung des "Präventionsprojekt Dunkelfeld - kein-taeter-werden.de" (PPD-KTW) mit entwickelt haben. 

Hebephilie (in der korrekten diagnostischen Operationalisierung) ist demnach für uns unverändert keine Störung der Sexualpräferenz (siehe oben).

 

Gieseking: Im Jahre 2014 wurden Sie von Günter Jauch in seine Talkshow bei der ARD eingeladen. Der Anlass der Talkrunde war der Fall Sebastian Edathy. Waren Sie zuvor oder danach auch noch bei anderen Talkshows oder haben auf Veranstaltungen zum Thema der Pädophilie referiert?

Ahlers: Ich habe mich seit 2005 in ca. 100 Medienbeiträgen zum Thema Pädophilie geäußert und auf vielen wissenschaftlichen Veranstaltungen zum Thema referiert (siehe www.sexualtherapie-berlin.de).  

 

Gieseking: Im Jahre 2015 ist im Goldmann-Verlag ein Buch von Ihnen mit dem Titel „Himmel auf Erden & Hölle im Kopf -was Sexualität für uns bedeutet-“ erschienen. In diesem Buch gehen Sie u.a. auch auf die Pädophilie-Thematik ein. Welchen Stellenwert haben die Pädophilen in Ihrem Buch und heute überhaupt noch in Ihrer Praxis?

Ahlers: Pädophilie bildet in unserer diagnostischen und therapeutischen Arbeit, genau wie in meinem Buch, eine Indikation im gesamten Spektrum sexueller Störungen. Nicht weniger und auch nicht mehr.

 

Gieseking: Erklären Sie uns bitte die folgenden Zitate aus Ihrem Buch mit einfachen Worten: "Die Pädophilen sind die psychohygienische Bad-Bank für die sozialen und emotionalen Fürsorgeschulden bei den vernachlässigten und verwahrlosten Kindern unserer Gesellschaft". 

Ahlers: Das Zitat stammt aus dem Kontext der gesellschaftspolitischen Relexion der Pädophilie in meinem Buch und beschreibt, dass die Problematik des sexuellen Kindesmissbrauch in der Mitte der Gesamtgesellschaft angesiedelt ist, weil (nach bisheriger Datenlage) die Mehrzahl dieser Straftaten von (nicht-pädophilen) Ersatzhandlungstätern begangenen werden.  

Weil diese Tatsache für die Gesellschaft schwer auszuhalten ist, wird die Problematik im öffentlichen Diskurs auf die vermeintlich klar umrissene Randgruppe der Pädophilen projiziert und damit aus der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung auf eine stigmatisierte Personengruppe verschoben.

 

Gieseking:  Die sogenannten Mainstream-Medien berichten schon seit vielen Jahren völlig undifferenziert bis hetzerisch. Mit wenigen Ausnahmen werden von den Journalisten/Reportern „Kinderschänder“ in einen Topf mit den Pädophilen geworfen, die bisher noch keine Straftaten begangen haben. Was müsste sich nach Ihrer Ansicht ändern und welche sozialen Folgen haben solche reißerischen Schlagzeilen bei Pädophilen?

Ahlers: Das Ausmaß der Differenzierung zwischen Pädophilie und sexuellem Kindesmissbrauch, welches wir in der medialen Berichterstattung und im gesellschaftlichen Diskurs seit der Gründung des "Präventionsprojekt Dunkelfeld - kein-taeter-werden.de" (PPD-KTW) erreicht haben, ist ausgesprochen hoch und in dieser Form vorher ungekannt gewesen (vgl. Medienspiegel). Auch das ist ein großer Erfolg. 

Dass populistische Entdifferenzierung und diffamierende Diskriminierung das Produkt vieler Boulevard-Medien ist, können wir nicht beeinflussen und wohl nur schwer verändern.

 

Gieseking: Pädophile werden oft gesellschaftlich ausgegrenzt und verfallen in Isolation & Einsamkeit. Dies führt oftmals zu Depressionen & Leidensdruck. Das latente Risiko eines gewalttätigen sexuellen Übergriffes auf Kinder steigt. Was müsste sich gesellschaftlich, medial und politisch verändern, damit auch Pädophile ein lebenswertes Leben führen können?

Ahlers: Der Geist des "Präventionsprojektes Dunkelfeld - kein-taeter-werden.de" (PPD-KTW) müsste zum gesellschaftlichen Modell werden. Betroffene müssen moralisch entlastet und ethisch verpflichtet werden: "Keiner ist schuld an seinen sexuellen Wünschen und Neigungen und jeder ist verantwortlich für sein sexuelles Verhalten!" 

Jeder kann sich entscheiden, kein Täter zu werden. Und derjenige, der das schafft, egal ob mit oder ohne pädophiler Sexualpräferenz, verdient Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Integration.

 

Gieseking: Die Pädophilie gehört zu den letzten TABU-Themen der heutigen Zeit. Der Kinder- und Opferschutz bestimmt die öffentliche Diskussion und politische Debatte. Welche Zukunftsperspektiven stehen Sie für die Pädophilen und kann dieses TABU gebrochen werden?

Ahlers: Siehe Antwort oben.

Gieseking: Ich bedanke mich für das Interview! 

 

Zur Person:

Dr. Christoph Joseph Ahlers ist Sexualwissenschaftler und Klinischer Sexual­psychologe. Seit zwanzig Jahren hat er an der Berliner Charité und in seiner eigenen Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie am Institut für Sexualpsychologie hunderte Einzelpersonen und Paare untersucht, beraten und behandelt. Er ist Gastwissenschaftler und Lehrbeauftragter für Sexualwissenschaft an der Berliner Charité, Lehrtherapeut und Supervisor für Klinische Sexualpsychologie sowie Autor zahlreicher wissenschaftlicher und medialer Publikationen. 

http://krumme13.org/text.php?id=1441&s=read


 

 

http://krumme13.org/text.php?s=read&id=314


Sexualpsychologe Dr. Christoph Joseph Ahlers & der Journalist Dr. Michael Lissek schließen Pädophilie mit in das Buch ein: Himmel auf Erden & Hölle im Kopf 23.06.2018

Paarberatung & Sexualtherapie Dr. Ahlers: "Sex als intimste Form von Kommunikation, als intensive Möglichkeit, psychosoziale Grundbedürfnisse körperlich und seelisch zugleich zu erfüllen"

Im Gespräch mit Dr. Michael Lissek und Dr. Antje Korsmeier gibt Dr. Christoph Ahlers einen Überblick über die Bedeutung sexueller Phänomene. Dabei schließt er die Pädophilie nicht aus, wie dies bei fast allen Buchautoren & Sexualwissenschaftlern im Bereich heterosexueller Beziehungen der Fall ist. Ahlers hat in Berlin eine Praxis für Paarberatung und Sexualtherapie. Im Jahre 2005 hat er das Präventionsprojekt "Kein Täter werden(KTW)" beim Standort Berlin mitgegründet. In seinem Buch „Himmel auf Erden und Hölle im Kopf“ mahnt er, dass es gesellschaftlich ein fundamentales Missverständnis über die Rolle und Funktion von Sexualität in zwischenmenschlichen Beziehungen gibt und liefert umfassende Antworten auf die Fragen, was Sex für uns eigentlich bedeutet und wie Internet, Pornographie und Leistungsdruck sich darauf auswirken. Wie entstehen sexuelle Identität, Orientierung und Vorlieben, und lässt sich daran etwas ändern? Wann ist jemand pädophil? Die in seinem Buch geschilderten Aspekte zur Pädophilie sind zwar mit den politischen Positionen von K13online nicht vereinbar. Jedoch richtet sich der Inhalt seiner therapeutischen Untersuchungen auch nicht speziell an diese sexuelle Minderheit, sondern an die Gesamtbevölkerung von Hetero- und Homosexuellen. Damit trägt Ahlers auch die Pädophilie-Thematik in die Mitte der Gesellschaft. Zitate(S. 389): Pädophile erleben Kinder als ebenbürtige, gleichwertige Partner auf Augenhöhe. Und sie wünschen sich eine partnerschaftliche Beziehung mit Ihnen, die genauso sexuellen Kontakt beinhalten wie bei allen Menschen. Das Interesse am Kind erschöpft sich bei Pädophilen nicht im Wunsch nach Sex. Sie wünschen sich ein ganzheitliches Beziehungsleben, sie wollen Zeit mit dem Kind verbringen, Unternehmungen machen, ins Kino gehen, reden, rumtoben, balgen, vorm Fernseher abhängen. Und ein Teil, der für sie eben auch dazu gehört, ist Sex. K13online hätte pädophile Beziehungen nicht besser beschreiben können. Im Jahre 2007 hatten wir mit Dr. Ahlers zum damaligen KTW-Start ein Interview geführt, worin er weitere Aspekte zur Pädophile erläutert. Klicken Sie auf weiterlesen..

http://krumme13.org/news.php?s=read&id=3661 

 

geschrieben von K13online-Redaktion am 09.12.2018 Drucken

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