Studie-Zwischenbericht der Technischen Universität Dresden: Analyse des psychischen Wohlbefindens, psychosozialer Probleme und des Umgangs mit Kindern von Männern mit sexuellem Interesse an Kindern(Pädophilie) | |
Stigma bei Pädophilen: 63% der pädophilen Befragten glauben, dass die Mehrheit der Deutschen zustimmen, wenn nicht straffällige Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern besser tot seien * Vergleichsstudie in der Gesamtgesellschaft: Nur 14% stimmen zu Im März/April 2014 hatte die Studien-Mitarbeiterin Dipl.-Psych Sara Jahnke unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Hoyer an der technischen Universität Dresden - Institutionsambulanz und Tagesklinik für Psychotherapie - eine Umfrage über unsere Webseiten durchgeführt. Nun liegt ein Zwischenbericht der Studie mit den 104 pädophilen Teilnehmern vor. Die Universität Bonn hat sich mit einem positiven Ehtikvotum an der Studie beteiligt. Das Studienprojekt ist Teil der MIKADO Untersuchung und wird vom Bundesfamilienministerium finanziell unterstützt. 84% der Befragten haben angegeben, dass sie Angst davor haben, wenn ihr (auch) sexuelles Interesse an Kindern öffentlich bekannt werden würde. Möglicherweise sei es einem Teil der Teilnehmer durch die Vernetzung in Internetforen gelungen, einen kritischen Abstand zur stigmatisierten Annahme in der Bevölkerung zu gewinnen. "Weitere Forschung sei notwendig, um die Wirkung von Stigma auf Menschen mit Pädophilie besser zu verstehen, und die Richtung der Kausalzusammenhänge zu klären", berichtet Sara Jahnke.... http://www.psychologie.tu-dresden.de/i2/klinische/mitarbeiter/jahnke.html Der Einfluss von Stigma auf das psychische Wohlbefinden, psychosoziale Probleme, Einstellungen zu sexuellen Handlungen mit Kindern und Therapiebereitschaft bei Männern mit sexuellem Interesse an Kindern (Kurzbericht erstellt von Dipl.-Psych. Sara Jahnke) Theoretischer Hintergrund: Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass Pädophile innerhalb der Bevölkerung selbst im Vergleich zu anderen stigmatisierten Gruppen stark abgewertet werden (Jahnke, Imhoff, & Hoyer, 2014; Feldman & Crandall, 2007). Da ein erhöhtes Risiko für soziale Isolation, geringen Selbstwert, psychische Störungen und suizidales Verhalten bei stigmatisierten Personengruppen in der Literatur häufig beschrieben wurde, vermuten wir, dass Angst vor Entdeckung gehäuft vorkommt und die Funktionsweise emotionaler, sozialer und kognitiver Bereiche beeinträchtigt sowie die Bereitschaft, im Bedarfsfall professionelle Hilfe aufzusuchen, reduziert. Dies könnte indirekt zu einer höheren Wahrscheinlichkeit von sexuellen Handlungen mit Kindern beitragen. Die vermuteten Zusammenhänge sind in folgendem Schaubild dargestellt: (Grafiken nur im Original-Dokument im unteren Link verfügbar) Teilnehmer: Insgesamt nahmen von März 2014 bis Juni 2014 104 Männer mit sexuellem Interesse an Kindern an der Studie teil (Durchschnittsalter = 37 Jahre). Achtundsechzig Prozent gaben an, hauptsächlich an Kindern interessiert zu sein, der Rest berichtete, außerdem noch an Männern (52%), Frauen (33%) oder Personen beiderlei Geschlechts in ungefähr gleichem Ausmaß (15%) interessiert zu sein. Unter allen Teilnehmern war die Mehrzahl (83%) hauptsächlich oder eher an Erhöhung des Risikos für sexuelle Straftaten in Bezug auf Kinder Jungs interessiert (3% Jungen und Mädchen, 14% hauptsächlich oder eher Mädchen). Fragebögen: Wir verwendeten eine Reihe selbstentwickelter Verfahren zur Messung der Therapiemotivation und der Stigma-Erfahrung und etablierter Skalen zu Facetten psychischen Wohlbefindens und Einstellungen zu sexuellen Kontakten mit Kindern. Die verwendeten Skalen sind im Folgenden dargestellt: Stigma-Erfahrung: Perceived Social Distance Scale und Fear of Discovery Scale (beide selbstentwickelt Pfad 1: Brief Symptom Inventory – 53, Fear of Negative Evaluation – 5, Rosenberg Self-Esteem Scale, emotionsfokussierte Subskala des Coping Inventory for Stressful Situations Pfad 2: UCLA Loneliness Scale Pfad 3: Bumby Molest Scale, Self-Efficacy Scale Related to Minors Pfad 4: Therapy Motivation Scale (selbstentwickelt) Ergebnisse: Wir fanden ein hohes Maß an wahrgenommenen Stigma (63% glaubt z.B., die Mehrheit der Deutschen stimme zu, dass nicht straffällige Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern besser tot seien) und eine hohe Angst vor Entdeckung (84% stimmen zu, dass sie Angst davor haben, dass ihre sexuellen Interessen von anderen herausgefunden werden könnten). Verglichen mit Daten aus einer kürzlichen Befragung in Dresden und Stuttgart (z.B. nur 14% Zustimmung, dass nicht straffällige Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern besser tot seien, Jahnke, Imhoff, & Hoyer, 2014) zeigt sich eine starke Überschätzung des (bereits hoch ausgeprägten!) Stigmas gegenüber Menschen mit Pädophilie. Bezogen auf die vermuteten Zusammenhänge zwischen der Stigma Erfahrung (wahrgenommenes Stigma und Angst vor Entdeckung) und den Zielvariablen, ergab sich folgendes Ergebnis: (Grafiken nur im Original-Dokument im unteren Link verfügbar) Anmerkungen: Statistisch signifikante Zusammenhänge sind mit durchgezogenen Pfeilen eingetragen, nicht bestätigte Zusammenhänge mit gestrichelten Pfeilen. Alle Ergebnisse sind statistisch kontrolliert für Störvariablen wie Alter, Familienstand und Bildung (hierarchische Segression). Zusätzlich erklärte Varianz 2 Pfad 3: Schädigung des kognitiven Funktionsbereichs Erhöhung des Risikos für sexuelle Straftaten in Bezug auf Kinder Pfad 4: Verringerung der Motivation, Hilfe durch Stigma-Erfahrung zwischen 6% und 22%. Diskussion und Ausblick: Die Ergebnisse legen nahe, dass Stigma gegenüber Personen mit sexuellem Interesse an Kindern zu einer Verschlechterung im emotionalen und sozialen Funktionsbereich beiträgt, vor allem, was das körperliche und psychische Wohlbefinden betrifft. Dabei schien es keine Bedeutung zu haben, wie stark das Stigma wahrgenommen wird. Dafür fanden wir Zusammenhänge zur Angst, dass das sexuelle Interesse von anderen entdeckt werden könnte. Die vermuteten Zusammenhänge zwischen der Stigma-Erfahrung und Variablen aus dem kognitiven Funktionsbereich (z.B. die Selbstwirksamkeitserwartung, sexuelle Impulse kontrollieren zu können) und der Motivation, sich bei Bedarf an Ärzte oder Psychotherapeuten zu wenden, konnten nicht bestätigt werden. Agner Fog (1992) bezeichnete den Zustand von Personen, die aufgrund normabweichender sexueller Interessen von der Gesellschaft abgelehnt werden als „isolated minority syndrom“, und vermutete, sass aufgrund der Isolation und damit einhergehenden Unkenntnis angemessenen sexuellen Verhaltens extrem stereotype und unkontrollierte sexuelle Handlungen resultieren. Möglicherweise ist es den Teilnehmern durch die Vernetzung v.a. über Internetforen (und damit einhergehende Unterstützung durch andere Betroffene) gelungen, dieses „isolated minority syndrom“ zum Teil zu bewältigen, und damit einen kritischen Abstand zu stigmatisierende Annahmen in der Bevölkerung zu gewinnen (z.B. zu Stereotyp, dass sexuelle Impulse gegenüber Kindern von Pädophilen zwanghaft ausagiert werden). Erfreulich ist ebenfalls, dass die Bereitschaft, sich in Krisensituationen Hilfe zu uchen, nicht durch die Stigma-Erfahrung beeinträchtigt scheint. Zur Gültigkeit der Ergebnisse ist einschränkend anzumerken, dass statistische Zusammenhänge, wie die hier gefundenen, nicht als Kausalzusammenhänge interpretiert werden dürfen. Das bedeutet, dass der gefundene Zusammenhang zwischen z.B. der Angst, entdeckt zu werden und einem schlechteren psychischen Befinden möglicherweise auch dadurch erklärt werden könnte, dass ein schlechter psychischer Zustand als kausaler Wirkfaktor dazu führt, dass Personen sich stärker stigmatisiert fühlen (statt umgekehrt). Weitere Forschung ist somit notwendig, um die Wirkung von Stigma auf Menschen mit Pädophilie besser zu verstehen, und die Richtung der Kausalzusammenhänge zu klären. Original-Dokument http://www.krumme13.org/downloads/k13online%20redaktion/Kurzbericht-Studie.pdf ************************************************** [update: Teilnehmerzahl erreicht] Technische Universität Dresden - Institut für klinische Psychologie und Psychotherapie - führt Umfrage zu einer Studie an Pädophile & Pädosexuelle durch - 25.04.2014 Themenkomplex der Umfrage/Studie: „Analyse des psychischen Wohlbefindens, psychosozialer Probleme und des Umgangs mit Kindern bei einer Online-Stichprobe von Männern mit sexuellem Interesse an Kindern“(Pädophilie) Die Technische Universität Dresden - Institut für klinische Psychologie und Psychotherapie - führt unter der Leitung von Prof. Dr. Jürgen Hoyer eine Studie mit Pädophilen & Pädosexuellen durch. Die Studie ist Teil des MIKADO-Projektes und wird vom Bundesfamilienministerium finanziert. Die Online-Umfrage läuft bereits seit dem 7. März 2014 und soll bis zum Erreichen von 102 Teilnehmern eine Stichprobe wiedergeben. Als Ansprechpartnerin steht Sara Jahnke, die bereits eine Dissertation zur Stigmatisierung von Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern vorgelegt hat, zur Verfügung. Mit dieser Studie soll dazu beitragen werden, die alltägliche Lebenswelt von Männern mit Pädophilie besser zu verstehen. Über Menschen mit sexuellem Interesse an Kindern, die sich nicht strafbar gemacht haben oder keine Therapie aufsuchen, ist bisher nur sehr wenig bekannt. Die Ergebnisse sollen in internationalen peer-reviewed Journals veröffentlicht werden. Wir rufen die Pädophilenszene zur Teilnahme auf und empfehlen das Ausfüllen des Online-Fragebogens oder eine ausgedruckte und beantwortete Zusendung an das Institut für klinische Psychologie und Psychotherapie in Dresden. Lesen Sie weiter mit einem Klick... http://krumme13.org/news.php?s=read&id=2770 |
|
geschrieben von K13online Redaktion am 09.08.2014 |
Copyright by K13-Online-Redaktion