Homosexualität: Menschenrechtsverletzung in Österreich
Keine Begnadigung für Homosexuellen

"Es ist eine Schande, sagt Dr. Helmut Graupner, Sprecher der Plattform gegen § 209 und Verteidiger des Mannes, dass sich die Republik gegenüber den Opfern ihrer jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen sogar nach wiederholter Verurteilung durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof nach wie vor gnadenlos erweist."

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Quelle:
http://www.rklambda.at

[Pressemitteilung der Plattform gegen § 209]

Österreichs Schande: Keine Gnade für Homosexuelle

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§ 209 in Österreich
Auch unter Bundespräsident Fischer keine Begnadigung von Homosexuellen.
Bisexueller Mann nur probeweise aus Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher entlassen
Plattform gegen § 209: „Eine Schande“

Zerschlagen haben sich die Hoffnungen, dass die Opfer des 2002 aufgehobenen anti-homosexuellen Sonderstrafgesetzes § 209 unter dem neuen Bundespräsidenten Gnade finden werden. Ein bisexueller Mann, der 1999 ausschließlich auf Grund des § 209 in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen und 2001 aus dieser Anstalt nur auf Bewährung entlassen wurde, wird nicht begnadigt, weil sich Justizministerin Miklautsch weigert, dem Bundespräsidenten eine solche Begnadigung vorzuschlagen.

Der Mann wurde im Frühjahr 1999 zu einem Jahr Freiheitsstrafe verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, weil er das Geschlechtsteil eines Jugendlichen „intensiv gestreichelt“ hatte. Der Gerichtspsychiater konstatierte damals u.a. chronischen Alkoholismus, weil der Beschuldigte „zwei- bis dreimal pro Woche: durchschnittlich drei bis vier Bier oder Mischungen“ getrunken habe. Das Landesgericht für Strafsachen Graz befürchtete „weitere Taten mit schweren Folgen“ „im konkreten solche wie die gegenständliche“ (Streicheln des Geschlechtsteils eines Jugendlichen) und wies den Mann wegen „höhergradiger geistiger und seelischer Abnormität“ auf unbestimmte Zeit in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ein, obwohl seine „Tat“ im heterosexuellen oder lesbischen Bereich keine Polizeibehörde, keinen Staatsanwalt und keinen Strafrichter interessiert hätte.

Im Frühjahr 2000 beschloß das Gericht die Fortsetzung der Anhaltung auf Grund des Gutachtens eines Anstaltspsychiaters, der den Häftling nie gesehen hatte, nun aber auf Grund der Anlasstat (nach § 209 StGB) gar „Pädophilie“ (!) diagnostizierte und langjährige Therapie für erforderlich hielt.

Nachdem sich der Mann an die „Plattform gegen § 209“ gewandt hatte, hob das Oberlandesgericht Graz auf Grund seiner Beschwerde im Sommer 2000 den Fortsetzungsbeschluß auf. Zwei daraufhin bestellte Gutachter stellten klar, dass Homo- und Bisexualität, auch wenn die Partner jugendlich sind, weder Krankheit noch Perversion seien, und empfahlen die Entlassung aus der Anstalt. 2001 fasste das Landesgericht für Strafsachen Graz dann den entsprechenden Beschluß; auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen erfolgte die Entlassung jedoch nur gegen eine fünfjährige Probezeit und gegen die Auflagen, sich einer psychiatrischen Nachbehandlung zu unterziehen und sich der Aufsicht der Bewährungshilfe zu unterstellen.

Nach der Aufhebung des § 209 und der wiederholten Verurteilung Österreichs durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ersuchte der Mann um seine Begnadigung. Justizministerin Miklautsch weigerte sich, ebenso wie ihr Vorgänger Böhmdorfer, dem Bundespräsidenten eine solche Begnadigung vorzuschlagen. Sie begründete dies mit der § 209-Ersatzbestimmung: § 207b Strafgesetzbuch; obwohl der Oberste Gerichtshof bereits 2003 ausgesprochen hat, dass § 207b auf „Taten“ unter dem alten § 209 nicht angewendet werden darf (OGH 11.11.2003, 11 Os 101/03).

Ob und inwieweit sich Bundespräsident Fischer für das § 209-Opfer eingesetzt hat, ist nicht bekannt. Die Präsidentschaftskanzlei teilte gestern lediglich mit, dass die Justizministerin „keine Möglichkeit“ sähe, „einen Gnadenantrag vorzulegen“.

„Es ist eine Schande“, sagt Dr. Helmut Graupner, Sprecher der „Plattform gegen § 209“ und Verteidiger des Mannes, „dass sich die Republik gegenüber den Opfern ihrer jahrzehntelangen Menschenrechtsverletzungen sogar nach wiederholter Verurteilung durch den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof nach wie vor gnadenlos erweist.“

In der überkonfessionellen und überparteilichen Plattform gegen § 209 haben sich über 30 Organisationen zusammengeschlossen, um gegen das in § 209 StGB verankerte diskriminierende zusätzliche Sondermindestalter von 18 Jahren ausschließlich für homosexuelle Beziehungen zwischen Männern (zusätzlich zur allgemeinen, für Heterosexuelle, Lesben und Schwule gleichermaßen gültigen Mindestaltersgrenze von 14 Jahren) anzukämpfen. Der Plattform gehören neben nahezu allen Vereinigungen der Homosexuellenbewegung auch allgemeine Organisationen an, wie Aids-Hilfen, die Kinder- und Jugendanwaltschaften Tirol und Wien, die Österreichische Hochschülerschaft, die Bewährungshilfe, die Österreichische Gesellschaft für Sexualforschung u.v.a.m.. Nach der Aufhebung des § 209 StGB dringt die Plattform auf die Entlassung aller Gefangenen und die Rehabilitierung und Entschädigung aller § 209-Opfer und beobachtet die Vollziehung der § 209-Ersatzbestimmung, § 207b StGB.

Rückfragehinweis: Plattform gegen § 209: 01/876 30 61, 0676/3094737,

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geschrieben von K13online-Redaktion am 24.01.2005 Drucken

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